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Die Nato und Russland : Flagge zeigen

Die Nato brauchte ihre Zeit, um aus dem Winterschlaf zu erwachen. Jetzt muss sie an ihrer Ostgrenze Flagge zeigen, um nach innen und nach außen glaubwürdig zu bleiben.

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          Den Sinn der Nato hatte ihr erster Generalsekretär Ismay so beschrieben: „Um die Amerikaner drin zu halten, die Russen draußen und die Deutschen unten.“ Es ging um die Freiheit und den Frieden in Europa. Nach dieser Definition wäre die Nato mit dem Ende des Kalten Krieges eigentlich überflüssig geworden. Die Amerikaner wandten sich mehr und mehr anderen Weltregionen und Gefahren zu, die Russen schienen keine große Bedrohung mehr zu sein, und Deutschland hatte sich schon als Wirtschafts- und Friedensmacht ohne weitere Ambitionen nach oben gearbeitet. Doch vor allem für die neuen Nato-Mitglieder im Osten mit ihren historischen Erfahrungen blieb das Bündnis eine Rückversicherung für ihre wiedergewonnene Freiheit, Souveränität und territoriale Integrität. Das hielt mancher im Westen für „polnische Paranoia“. Seit Putin aber nach der Krim griff, ist dieser Spott schlagartig verstummt.

          Dennoch brauchte die Nato einige Zeit, um aus ihrem Winterschlaf zu erwachen. Insbesondere ihre westlichen Mitglieder hatten sich im Zuge des Kampfes gegen den Terrorismus mental und militärisch auf alle möglichen Krisen- und Einsatzszenarien vorbereitet – nur nicht auf die Wiederkehr der Bedrohung, derenthalben die Nato gegründet worden war.

          Zu Beginn der Krim-Krise konnte sich die Nato noch damit herausreden, kein Öl ins Feuer gießen, sondern „deeskalierend“ wirken zu wollen. Doch seit klar geworden ist, dass der Kreml die Grenzen seines Einflussgebiets in Europa ausdehnen will und dabei auch nicht vor der Verletzung der territorialen Integrität souveräner Staaten zurückschreckt, muss die Nato an ihrem östlichen Rand Flagge zeigen: Das Baltikum und Polen sind anders als die Ukraine Bündnisgebiet. Viel mehr als dieses Signal ist die Verlegung von ein paar Flugzeugen, Schiffen und Soldaten nicht.

          Das ist das Mindeste, was das Bündnis tun muss, um nach außen und nach innen glaubwürdig zu bleiben. Weniger als das würde der Kreml als Zeichen der Schwäche und der Unentschlossenheit werten, derenthalben er den Westen ohnehin schon verachtet. Mehr will die Nato derzeit aber nicht tun, um Moskau nicht einen Vorwand zu liefern, die mühsam vereinbarten Gespräche abzusagen. Denn nicht nur die EU, sondern auch die Nato redet lieber tausendmal, als dass sie einmal schießt. Das einzige Problem daran ist, dass das auch Putin weiß.

          Berthold Kohler
          Herausgeber.

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