Der Blätterregen war eine Panne
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Decke des Lichthofs an der Ludwig-Maximilians-Universität München Bild: Picture-Alliance
Leichtsinn? Drogen? Opfertod? Nichts davon. Neue Überlegungen zur Verhaftung der Geschwister Hans und Sophie Scholl im Februar 1943. Ein Essay.
Donnerstag, 18. Februar 1943, kurz vor 11 Uhr im Hauptgebäude der Münchner Universität: Die Vorlesungen dauern noch an, die Gänge sind menschenleer. Vor den Türen der Hörsäle und auf Treppenstufen haben Hans und Sophie Scholl Flugblätter ausgelegt, mehr als tausend Stück. Treppauf eilend, erreichen sie die Galerie im zweiten Stock des Lichthofs, wo sie die restlichen Blätter ausstreuen. Einen Stapel deponieren sie auf der marmornen Brüstung, dann gibt Sophie ihm einen Schubs: 80, vielleicht sogar 100 Flugblätter wirbeln durch die Luft in den großen Lichthof hinunter.
Keine Kamera hat diese Szene beobachtet. Sie ist jedoch längst in den Bildkanon unseres kulturellen Gedächtnisses eingegangen, nicht zuletzt dank eindrucksvoller Verfilmungen. Ein faszinierendes Bild, eine Ikone der deutschen Freiheitsgeschichte. „Im Namen der ganzen deutschen Jugend fordern wir von dem Staat Adolf Hitlers die persönliche Freiheit, das kostbarste Gut der Deutschen zurück, um das er uns in der erbärmlichsten Weise betrogen hat“, so heißt es im Text der flatternden Blätter.
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