Weimar in Westminster
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Sowohl vor, als auch im Parlament brodelt es: Nach der Zwangspause tagen die britischen Abgeordneten seit dem 25. September wieder. Vor dem Gebäude kommt es zu Protesten. Bild: dpa
Die Bemühungen Boris Johnsons, mit Verfassungsgesetzen zu spielen, müssen hellhörig machen. Dass er dies unter Berufung auf das Referendum und damit auf „die Demokratie“ tun kann, zeigt deren paradoxe Selbstgefährdungspotentiale. Ein Gastbeitrag.
In dem epischen Drama um den Brexit steht vieles auf dem Spiel. Es geht um die künftige Struktur der Europäischen Union und die Zukunft Großbritanniens in Europa – und wer wollte leugnen, dass Britannien ein Teil Europas ist? Unklar ist darüber hinaus die Zukunft des Vereinigten Königreichs selbst. Vor allem die schottischen Absetzbewegungen gewinnen durch den drohenden Brexit an Fahrt.
Auf dem Spiel steht aber auch die Zukunft der Demokratie in Großbritannien, die sich bislang nicht in der Lage sah, das Problem zu lösen, wie der Austritt aus der EU zu gestalten sei. Zwar sind die Folgen für die britische Wirtschaft und Gesellschaft und auch für die Europäische Union ebenso unabsehbar, wie sie bereits ausführlich diskutiert worden sind. Dahinter aber werden wir Zeuge eines anderen, vielleicht noch dramatischeren Schauspiels. Es handelt von der Unfähigkeit eines politischen Systems, eine eindeutige Willensbildung zu organisieren. Der vorläufig letzte Akt dieses Dramas lautet Funktionsverlust und Selbstlähmung der Demokratie.
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