Atomverhandlungen mit Iran : Iran und die Bombe
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Als vor zwölf Jahren die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm begannen, hatten die Europäer noch die Hoffnung, Teheran von der militärischen Nutzung der Kernenergie abhalten und ein atomares Wettrüsten im Nahen und Mittleren Osten verhindern zu können. Was ist daraus geworden?
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist sich sicher. „Das Abkommen bereitet den Weg zur Bombe“, äußerte er im Blick auf die Rahmenvereinbarung vom 2. April dieses Jahres zur Lösung des iranischen Nuklearproblems. Dieses Problem beschäftigt die Staatengemeinschaft, seit die iranische Opposition im Jahr 2002 die Existenz einer geheimen Urananreicherungsanlage bekanntgemacht hatte. Die inzwischen zwölf Jahre dauernden Verhandlungen über das iranische Atomwaffenprogramm werden möglicherweise demnächst auf der Grundlage des Rahmenabkommens abgeschlossen werden. In einem in der modernen Diplomatie einzigartigen Versuch, die Welt vor einem atomaren Wettrüsten im Nahen Osten zu bewahren, haben diese Verhandlungen Deutschland an die Seite der fünf Nuklearmächte im UN-Sicherheitsrat geführt. Ein Erfolg wäre daher auch ein Erfolg der EU, ihrer multilateralen Verhandlungsstrategien und ein Beleg für die Wirksamkeit gezielter Sanktionspolitik.
Die Informationen, die die oppositionelle Gruppe MKO im Jahr 2002 verbreitete, bedeuteten nichts anderes, als dass Iran die Welt seit Jahren über sein Atomwaffenprogramm getäuscht hatte. Ein solches Programm hätte durchaus seine eigene Logik. Das iranische zivile Nuklearprogramm reicht in das Jahr 1959 zurück. Dem Schah, der einen Wiedergänger des persischen Großreichs der Antike schaffen wollte, schien schon damals der Besitz von Atomwaffen unabdingbar. Dennoch gehörte Iran im Jahr 1968 auf Druck der Vereinigten Staaten zu den ersten Unterzeichnern des Atomwaffen-Nichtverbreitungsvertrags (NVV) - übrigens vor der Bundesrepublik. Konrad Adenauer hatte den Vertrag 1965 noch als „Todesurteil“ bezeichnet.
Nach der Revolution des Jahres 1979 beendete Ajatollah Chomeini das militärische Programm mit dem Argument, dieses sei eine „Sünde“. 1984 wurde der Bau eines zivilen, ursprünglich von Siemens und AEG geplanten Reaktors in Buschehr wiederaufgenommen. Im irakisch-iranischen Krieg der Jahre 1980 bis 1988 griff Saddam Hussein Iran mit Giftgas-Massenvernichtungswaffen an. Eine Atombombe hätte vermutlich abschreckend gewirkt. Heute hält sich das schiitische Iran von seinen sunnitischen Nachbarn bedroht wie seinerzeit vom Irak, insbesondere von dem von den Vereinigten Staaten hochgerüsteten Saudi-Arabien. Schließlich sieht sich Iran von Atommächten umgeben: Israel - die unerklärte Atommacht - im Westen, Russland im Norden, die amerikanische Flotte - Chomeinis „großer Satan“ - im Indischen Ozean, das sunnitische Pakistan im Osten. Das Sicherheitsbedürfnis Irans würde also ein Atomwaffenprogramm plausibel machen.
Allerdings: Israel hat 1981 den Irak und 2007 Syrien bombardiert, um die Nuklearwaffenprogramme beider Länder mit Gewalt zu beenden. Der amerikanische Präsident George W. Bush hatte Iran mit dem Irak und Nordkorea auf die „Achse des Bösen“ gesetzt und im Irak-Krieg des Jahres 2003 Saddam Hussein wegen eines angeblichen Atomwaffenprogramms gestürzt. Ein Bekenntnis zu einem Atomwaffenprogramm barg und birgt demnach Risiken.