
Russland-Kommentar : Aktive Solidarität
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Die russische Führung war bei ihren Versuchen, EU und Nato zu schwächen, in den vergangenen Jahren erfolgreich – das ist ihr zu Kopf gestiegen. Die Ausweisungen zeigen nun, Russland ist zu weit gegangen.
Donald Trump steht nicht im Verdacht, besonders kritisch gegenüber Russland eingestellt zu sein. Außerdem lässt sich der amerikanische Präsident von anderen Staaten nicht vorschreiben, was er zu tun hat. Insofern wird man die jüngste Welle von Ausweisungen russischer Diplomaten sowie die Schließung des russischen Konsulats in Seattle nicht einfach als weiteren Beweis für westliches Kesseltreiben gegen die arme, verfolgte Unschuld in Moskau abtun können. Die amerikanischen Maßnahmen geben vielmehr dem Akt aktiver Solidarität von 14 EU-Staaten mit dem Partner Großbritannien zusätzliches Gewicht.
Zwar weiß die Öffentlichkeit weiterhin nicht, was genau die britische Premierministerin beim EU-Gipfel in der vergangenen Woche den anderen Mitgliedstaaten zum Vergiftungsfall Skripal vorgelegt hat. Aber wäre es unplausibel gewesen, hätte zumindest die Bundesregierung nicht so reagiert, wie sie es nun getan hat. Was immer die üblichen Verdächtigen der Bundeskanzlerin und ihrem Kabinett auch vorwerfen mögen: Als Scharfmacher in der Politik gegenüber Russland hat sich Berlin nie betätigt, obwohl der Cyberangriff auf deutsche Regierungscomputer mutmaßlich ebenso von Russland ausging wie der Mordanschlag in Großbritannien. Die Bundesregierung weiß vielmehr zu differenzieren. Auf der einen Seite werden Diplomaten ausgewiesen, weil die russische Regierung offensichtlich nur diese eindeutige Sprache versteht. Auf der anderen Seite heißt es, Deutschland bleibe zum Dialog mit Russland bereit.
Warum auch nicht? Die russische Führung war bei ihren Versuchen, EU und Nato zu schwächen, in den vergangenen Jahren recht erfolgreich. Diese Erfolge sind einigen in Moskau offenbar zu Kopfe gestiegen, was zu immer waghalsigeren Manövern beigetragen haben mag. Die Ausweisungen signalisieren jetzt, dass Moskau die Schraube zu weit gedreht hat. Dies muss Präsident Wladimir Putin irgendjemand in aller Ruhe und in aller Deutlichkeit klarmachen. Angela Merkel und Emmanuel Macron könnten dies. Sie könnten Putin bei dieser Gelegenheit daran erinnern, dass er sich im Sommer im Glanz eines Fußballfestes sonnen möchte, dass aber die Frage erlaubt sein muss, ob man sich als Gast in Russland sicher fühlen kann, wenn schon im Ausland Dinge wie der Anschlag in Salisbury passieren.