https://www.faz.net/aktuell/politik/der-kanzler-in-suedamerika-scholz-erlebt-die-neue-realitaet-18644245.html

Der Kanzler in Südamerika : Scholz erlebt die neue Realität

  • -Aktualisiert am

Bundeskanzler Olaf Scholz mit dem brasilianischen Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva am 30. Januar in Brasilia. Bild: dpa

Bundeskanzler Scholz bekommt in Südamerika wenig Unterstützung für seine Politik im Ukrainekrieg. Trotzdem war seine Reise richtig, Deutschland braucht neue Partner.

          1 Min.

          Politisch hat die Südamerikareise des Bundeskanzlers nicht ganz den Ertrag gehabt, den man sich in Berlin vielleicht erhofft hat. Dass der brasilianische Präsident Lula da Silva, den man in Deutschland als Anti-Bolsonaro feiert, im Ukrainekrieg (wie so viele Vertreter von Schwellenländern) eine mittlere Position einnimmt, war schon vor seiner Wiederwahl bekannt.

          Dass er Munitionslieferungen für den Gepard-Panzer ablehnt, macht es für die Bundesregierung nun nicht einfacher, der Ukraine Nachschub für eine Waffenlieferung zu beschaffen, die sich als erfolgreich herausgestellt hat. Auch die Gastgeber des Kanzlers in Argentinien und Chile sind nicht zu Militärhilfe für Kiew bereit.

          Europa ist wieder ein Krisenkontinent

          In gewisser Weise erlebt der Westen auf solchen Besuchen die Umkehr alter Verhältnisse und die neue Realität der multipolaren Welt. Früher reisten Politiker aus dem stabilen Europa in den globalen Süden, um dort politische Lösungen für komplexe militärische Konflikte zu verlangen. Heute ist Europa wieder selbst ein Krisenkontinent und sieht sich in Lateinamerika, Afrika oder Asien mit der pauschalen Aufforderung konfrontiert, die Sache doch irgendwie beizulegen.

          Lulas Initiative für einen „Friedensklub“ gehört in diese Kategorie. Der Schlüssel zu einem Ende des Krieges besteht nicht nur in der Wahl eines passenden Formats, sondern vor allem in einer Annäherung der Interessen, welche die Kriegsparteien und ihre jeweiligen Verbündeten verfolgen. Das ist derzeit nicht zu erkennen. Gerade für die Europäer ist auch wichtig, wie der Krieg endet.

          Trotzdem war es richtig, dass Scholz die weite Reise gemacht hat. Argentinien, Chile und Brasilien haben ein großes Potential als Partner bei Handel, Rohstoffen und Klima. Die jahrzehntelange Fokussierung Deutschlands auf Russland und China war ein Fehler, das Land muss sich neue Verbündete suchen. Dass die beiden strategischen Konkurrenten des Westens sich ihrerseits seit Langem um Lateinamerika bemühen, macht die Sache umso dringlicher.

          Nikolas Busse
          Verantwortlicher Redakteur für Außenpolitik.

          Weitere Themen

          Lage in Leipzig noch ruhig

          Linker Protest : Lage in Leipzig noch ruhig

          Ein Eilantrag gegen das Verbot der „Tag X“-Demo, zu der die linksautonome Szene aufgerufen hatte, scheitert. An Zufahrtswegen nach Leipzig kontrolliert die Polizei.

          Topmeldungen

          Öltanker im Hafen von Noworossiysk, einer der größten Anlagen für Öl und Erdölprodukte in Südrussland

          Marode Großschiffe : Russlands Schattenflotte bedroht die Meere

          Russlands Regierung will Öl exportieren. Westliche Konzerne aber dürfen die dafür benötigten Tanker nicht versichern. So fahren hunderte Schiffe, die kaum seetüchtig sind.
          Olaf Scholz auf dem Gipfel der Europäischen Politischen Union in der Republik Moldau, einen Tag, bevor die AfD in einer Umfrage mit seiner SPD gleichzog.

          Olaf Scholz und die AfD : Kanzler des Streits

          Mit einer Politik des Respekts wollte Olaf Scholz die AfD kleinmachen. Jetzt sind die Extremisten in den Umfragen so stark wie selten zuvor. Wie konnte es so weit kommen?

          Marco Rose im RB-Kosmos : Ein Trainer made in Leipzig

          Marco Rose ist für Rasenballsport Leipzig mittlerweile mehr als nur der Trainer. Das hängt auch mit seiner Vorgeschichte zusammen. Er ist eben einer für alle, Traditionalisten wie Neulinge.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.