
Der Kandidat Gauck : Das Ende der Kür
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Von nun an reden Joachim Gauck und Angela Merkel, als Verfassungsorgane, gut übereinander. Am Abend der Nominierung wiederholte die Bundeskanzlerin das Wort vom „wahren Demokratie-Lehrer“. Vier Stunden, nachdem sie das „Gauck - niemals“ ausgerufen hatte, sagte sie: „Ich bin sicher, dieser Mann kann uns wichtige Impulse geben für die Herausforderung unserer Zeit und der Zukunft, die Globalisierung, die europäische und internationale Staatsschuldenkrise, die Energiewende, die innere und äußere Sicherheit und nicht zuletzt das immer wieder neu zu schaffende Vertrauen in die Demokratie und unsere freiheitliche Grundordnung.“ Der Auserkorene kokettierte mit Aufgewühltsein und Nervosität. Eines vergaß er nicht: „Sie, Frau Bundeskanzlerin, haben mir auch versichert, dass Sie auch in anderen Zeiten beständig Hochachtung und Zuneigung zu mir empfunden haben. Und das Wichtige daran ist, dass Sie mir Vertrauen entgegengebracht haben.“
Gauck scheint nicht zu jener Sorte Theologen zu gehören, die Macht und Einfluss per se für etwas aus dem Reich des Bösen halten. Er mag es für überaus angebracht gehalten haben, dass er - im Laufe der Zuspitzungen der Wulff-Krise - von SPD und Grünen gefragt wurde, wie schon vor knapp zwei Jahren ihr Kandidat in der Bundesversammlung zu sein. Seine Zusage war knapp. „Klar.“ Er hatte genannt werden wollen, war die Botschaft. Innerlich rechnete er wohl damit, es werde der Koalition ja doch wohl gelingen, einen Kandidaten zu finden, der einem ausreichend großen Teil von SPD und Grünen ebenfalls genehm sei.
„Ich wurde blass“
Sich selbst mag er nur als Konsens-Kandidat eines übergroßen Teils der Bundesversammlung gesehen haben. Auftritt in Wien, Beratungen in Berlin, Festlegung der FDP auf Gauck. Eine SMS an die Donau. „Ich wurde blass.“ Rasch verblasste seine Konsens-Idee, und Tage später, als er sich der CDU in Nordrhein-Westfalen vorstellte, schilderte er, nach dem Umschwenken der FDP wäre er auch in eine Kampfkandidatur gezogen. Das habe er, rief er seinen neuen Anhängern zu, sehen wollen, wie CDU, CSU und Linkspartei Seite an Seite gegen ihn aufträten. Ähnlich hat auch Angela Merkel kalkuliert.
Ihr liebreizendes Lächeln setzte sie auf, als sie Gauck im Kanzleramt präsentierte. Seither arbeiten ihre Helfer daran, die Geschichte umzuschreiben. Ziel: Angela Merkel selbst ist es gewesen, die Joachim Gauck vorgeschlagen und durchgesetzt habe. „Angela Merkel hat mit ihrer Ankündigung, einen parteiübergreifenden Kandidaten zu finden, Gauck erst möglich gemacht“, sagen die Helfer der Kanzlerin. Einen ersten Erfolg haben sie verbucht. Der Beitrag der FDP zu Gaucks Nominierung hat sich in den Umfragen nicht zugunsten der FDP ausgewirkt. In der Unions-Fraktion sprach Gauck nun von „meiner Bundeskanzlerin“. Beifall.