Ein Frieden, der die Hölle schuf
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27. Mai 1919: Der britische Premierminister Lloyd George, der italienische Präsident Vittorio Orlando, der französische Ministerpräsident Georges Clemenceau und der amerikanische Präsident Woodrow Wilson in Paris Bild: Getty
Krieg im Irak, Terror in Nahost, Diktatur in China: Die Probleme von heute gehen auf die Pariser Friedensverhandlungen von 1919 zurück. Neue Grenzen und zunehmende Abschottung machten die Welt ärmer. „Versailles“, der Vertrag mit Deutschland, war im Vergleich dazu harmlos.
An äußerer Pracht ließ es die „Grande Nation“ nicht fehlen. Das französische Außenamt, zwischen 1844 und 1855 am Quai d’Orsay als erster speziell für ein Ministerium entworfener Neubau errichtet, war unter Kaiser Napoleon III. so prunkvoll ausgestattet worden, als handele es sich um ein Schloss des Sonnenkönigs. Den berühmten Kamin in der „Salle de l’Horloge“, dem Uhrensaal, krönte eine Frauenstatue, die Frankreichs Anmut und Größe personifizieren sollte. An der stuckverzierten Decke zeigten elf Kartuschen die Wissenschaften und Künste.
In diesem Saal eröffnete der französische Staatspräsident Raymond Poincaré vor hundert Jahren die Friedenskonferenz, die nach dem Ende des Ersten Weltkriegs über die Neuordnung Europas und der Welt entscheiden sollte. Mehr als vier Jahre lang hatte ein Krieg von kaum vorstellbarer Grausamkeit getobt. Fast zehn Millionen Soldaten waren gestorben, rund zwanzig Millionen teils grausam verwundet worden. Und noch nie hatte die Öffentlichkeit am Geschehen so sehr teilgehabt, war aufgepeitscht vom Hass auf den Kriegsgegner und von Durchhalteparolen, die nach Kriegsende üppigen Gewinn versprachen. So hing über der Konferenz, die am 18. Januar 1919 offiziell begann, von Anfang an eine Wolke unerfüllbarer Erwartungen, die den Keim künftiger Konflikte in sich bargen.
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