Digitalisierung : „Das Internet ist keine eigene Welt“
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Keine Sonderregelungen für das Netz: Thomas de Maizière Bild: Pilar, Daniel
Recht, Sicherheit und Werte müssten im Internet genauso gelten wie in der analogen Welt, sagte Innenminister de Maizière in Berlin bei der Konferenz „Denk ich an Deutschland“. Und: „Der Staat hat im Internet nicht mehr und nicht weniger Rechte als im analogen Raum.“
Bundesinnenminister Thomas de Maizière lehnt es ab, an das Internet grundsätzlich eigene Maßstäbe anzusetzen, etwa in Fragen der Rechtssetzung, der Sicherheit oder der Werte. „Prinzipiell ist das Internet keine eigene Welt“, sagte de Maizière am Freitag auf der Konferenz „Denk ich an Deutschland“, die die Frankfurter Allgemeine Zeitung gemeinsam mit der Alfred-Herrhausen-Gesellschaft veranstaltete. „Ich streite dafür, dass der methodische Ansatz sich nullkommanull unterscheidet von der analogen Welt.“
Eine solche Auffassung habe erhebliche Konsequenzen, sagte der Minister. So müsse auch im Internet eine Privatsphäre gewahrt bleiben, es müssten die Grundrechte eingehalten werden und es dürfe keinen staatsfreien Raum geben. „Der Staat hat im Internet nicht mehr und nicht weniger Rechte als im analogen Raum“, sagte de Maizière in Berlin. Die Konferenz hatte sich mit dem Thema „Digitale Zukunft erkennen“ befasst.
De Maizière wies zwei „Extrempositionen“ zurück. Die eine besage, dass im Internet möglichst wenig reguliert werden solle, dass es sich vielmehr selbst reguliere. Mit einem kleinen Seitenhieb auf die Finanzkrise sagte de Maizière, dort habe man „spezielle Erfahrungen“ gemacht mit „ziemlich viel Selbstregulierung“. Die andere Extremposition sei es zu sagen, dass die „totale Transparenz ein geeignetes Regulativ“ für das Netz sei. Anhänger dieser These argumentierten etwa, dass derjenige, der Nacktbilder aus seiner Jugend ins Netz stelle und fürchten müsse, dass sie gegen ihn verwendet würden, solche Bilder schon nicht einstellen werde. „Ich halte beide Extrempositionen prinzipiell für falsch.“
Der Innenminister wandte sich gegen die Haltung, dass es im Internet zwei Identitäten geben könne, etwa durch den Gebrauch anderer Namen. Jeder Mensch habe nur eine Identität, sagte de Maizière. Das Strafrecht knüpfe an individuelle Schuld an. Auch die Verantwortung für Risiken müsse im Netz genauso gelten wie in der analogen Welt. Dort gelte der Rechtsgrundsatz, dass derjenige, der ein Risiko für andere schaffe, auch dafür die Verantwortung zu tragen habe. Als Beispiel nannte de Maizière die Nahrungsmittelindustrie. Wenn ein Hersteller ein Produkt anbiete, das schlecht sei, so müsse er dafür geradestehen. „Im Internet haben wir das nicht“, kritisierte de Maizière.
Vertrauen als „Währung“ des Internets
Auch für die Strafverfolgung will der Bundesinnenminister keine Sonderregelungen für das Netz gelten lassen. Wenn die Behörden unter Einhaltung rechtsstaatlicher Voraussetzungen im Zuge einer Ermittlung ein Telefon abhörten, dann müsse es auch zulässig sein, Kommunikation im Internet zu überwachen. In jüngster Zeit hatten die Sicherheitsbehörden wiederholt gefordert, offene Foren in sozialen Medien wie Facebook verfolgen zu dürfen. De Maizière sagte dazu, das sei prinzipiell kein Unterschied zum Kontrollgang einer Polizeistreife, die Taschendiebstahl verhindern wolle.
Vertrauen sei im Internet ein ökonomischer Faktor, eine „Währung“ geworden, sagte de Maizière. Das halte er für richtig. Allerdings habe sie im Internet noch keinen Preis. Meistens sei der Nutzen im Netz groß und der Schaden noch weit weg. Der Minister schlug vor, über eine „Versicherungslösung“ für das Internet nachzudenken. Er machte abermals einen Vergleich mit der analogen Welt. So zahle eine Versicherung nicht, wenn jemand sein Fahrrad nicht abschließe. „Einen ähnlichen Weg könnte ich mit im Internet vorstellen.“