
Steinmeier und Selenskyj : Das Ende des Gezerres war dringend geboten
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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf der Pressekonferenz am 12. April, auf der er bekannt gab, dass er nicht in Kiew erwünscht sei. Bild: AP
Steinmeier und Selenskyj scheinen sich zusammengerauft zu haben. Manchmal reicht dazu ein Telefongespräch. Es war dringend nötig.
Das war knapp. Über mehr als drei Wochen zog sich ein diplomatischer Konflikt zwischen Berlin und Kiew hin, der schon in Friedenszeiten eine erhebliche Belastung des Miteinanders dargestellt hätte. Doch jetzt, da die Ukraine sich im Krieg mit Russland befindet, war das Gezerre zwischen den Präsidenten Steinmeier und Selenskyj doppelt misslich. Gut also, dass die beiden endlich zum Telefonhörer gegriffen und laut Präsidialamt die Irritationen ausgeräumt haben. Steinmeier und Scholz wurden demnach nach Kiew eingeladen. Das war die Geste, auf die vor allem Scholz gewartet hat.
Auch wenn Deutschland die Ukraine nicht in dem Maße militärisch unterstützten mag, wie es sich das um seine Freiheit und sein Überleben kämpfende ukrainische Volk sowie dessen politische Führung wünschen, steht Berlin doch eindeutig an der Seite der Ukraine: mit Geld, mit Waffen, mit der Aufnahme von Flüchtlingen.
Da konnte es Berlin nicht hinnehmen, dass sein Staatsoberhaupt, das auf polnische Initiative an einer Reise nach Kiew zusammen mit den Präsidenten der baltischen Staaten hatte teilnehmen sollen, gesagt bekommt, es sei nicht willkommen.
Was hat Selenskyj getrieben?
Was genau Selenskyj im April veranlasst hat, den Präsidenten eines befreundeten Staates zur unerwünschten Person zu erklären, ist noch nicht aufgearbeitet. Das wird dauern. Im Krieg gibt es Vordringlicheres. Steinmeier hat inzwischen selbst erkannt, dass er in seiner Zeit als Außenminister allzu wohlwollend auf den russischen Präsidenten Putin geschaut hat und dabei viele Warnungen aus der Ukraine und anderen osteuropäischen Staaten in den Wind schlug.
Doch vermutlich wird sich Selenskyj derzeit nicht allzu intensiv mit der Aufarbeitung der Vergangenheit befassen. Vielmehr will er auf das größte und wirtschaftlich stärkste Land in Europa, das militärisch peu à peu immer mehr liefern kann, als es zunächst behauptet hat, unter Druck setzen, damit es möglichst viel Hilfe leistet. Des Endes des Weltkriegs kann nun in Kiew ohne deutsch-ukrainische Dissonanzen gedacht werden.