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Volksabstimmung : CSU will Bürger zu Europa befragen

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CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt ist der Meinung, die Kompetenzübertragung an Brüssel habe eine Grenze erreicht

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt ist der Meinung, die Kompetenzübertragung an Brüssel habe eine Grenze erreicht Bild: dapd

CSU-Generalsekretär Dobrindt fordert in einer Stellungnahme für die F.A.Z., „bei wichtigen Fragen zu Europas Zukunft“ künftig Volksabstimmungen abzuhalten. Er reagierte damit auf Pläne der CDU, weitere Souveränitätsrechte der Nationalstaaten nach Brüssel zu übertragen.

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          In den Unions-Parteien hat eine Debatte über Volksentscheide zur Legitimierung währungspolitischer Entscheidungen begonnen. Hintergrund sind unter anderem die Ankündigungen auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), mittels eines „Konventes“ der Europäischen Union sollten weitere Souveränitätsrechte der Nationalstaaten „nach Brüssel“ übertragen werden.

          Der CSU-Generalsekretär Dobrindt verwies in einer Stellungnahme für die F.A.Z. darauf, die Übertragung von nationalen Kompetenzen an die Europäische Union habe „ihre Grenze“ erreicht. „Die Äußerungen von Bundesverfassungsgerichtspräsident Voßkuhle sind ernst zu nehmen, der den Rahmen möglicher Kompetenzübertragungen weitestgehend ausgeschöpft sieht.“ Doch machte Dobrindt deutlich, dass er nicht bloß aus verfassungsrechtlichen, sondern auch aus grundsätzlichen Erwägungen gegen die Übertragung weiterer Rechte ist: „Es gibt da eine harte verfassungsrechtliche Grenze, dass die Kernkompetenzen deutscher Staatlichkeit, wie zum Beispiel das Budgetrecht des Parlaments, unveräußerlich sind. Wer so etwas andenkt, entkernt Deutschland.“

          Dobrindt richtet keine direkten Vorwürfe an die CDU

          Dobrindt vermied es freilich, in diesem Zusammenhang direkte Vorwürfe an die CDU zu richten. Diese will auf ihrem Parteitag in der übernächsten Woche einen Leitantrag beschließen, in dem weitere Vertragsveränderungen in der EU befürwortet werden. „Deshalb wollen wir die Wirtschafts- und Währungsunion vollenden und die Europäische Union als starke Politische Union gestalten“, heißt es in der Beschlussvorlage. Nötig seien Änderungen der EU-Verträge, „weil die gegenwärtig gültigen sich nicht in allen Bereichen als ausreichend erwiesen haben“. Deshalb sehe die CDU „die Übertragung von Kompetenzen auf die europäische Ebene im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips als die zeitgemäße Form an, unsere Interessen wahrzunehmen“.

          Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Seehofer sagte am Freitag, er unterstütze die Position Dobrindts, in diesem Zusammenhang einen Volksentscheid zu fordern. Dobrindt äußerte: „Wir wollen die Bürger bei wichtigen Fragen zu Europas Zukunft mit Volksabstimmungen stärker in die Entscheidungen mit einbeziehen. Es gehören deshalb beide Elemente zusammen. Wer einen europäischen Konvent vorschlägt, der muss die Möglichkeit für Volksabstimmungen über europäische Grundsatzfragen auf Bundesebene schaffen.“ Hingegen hatte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Altmaier, der „Süddeutschen Zeitung“ gesagt, dass „gerade in schwierigen Zeiten wie dieser die repräsentative Demokratie ihre Stärke“ entfalte.

          CDU-Antrag: Die EU lebt von der Zustimmung ihrer Bürger

          Freilich heißt es auch im Antrag für den CDU-Parteitag, die EU lebe von der Zustimmung ihrer Bürger. „Jede Übertragung von zusätzlichen Kompetenzen an die Europäische Union muss deshalb mit einem Mehr an Handlungsfähigkeit, demokratischer Legitimation und Transparenz einhergehen.“ Aus dem Umstand, dass sich weder Dobrindt noch der CDU-Antrag für eine Grundgesetzänderung zur Einführung von Plebisziten ausspricht, leiten sich Erwägungen in der Union ab, eine solche Mitwirkung der Bürger in Deutschland könne möglicherweise über den Artikel 146 des Grundgesetzes garantiert werden. Danach verliert das Grundgesetz „seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist“.

          Unterdessen kündigte die Bundesregierung an, bei den Gesetzesberatungen über den „Europäischen Stabilitätsmechanismus“ (ESM) mit „erheblichen Beteiligungsmöglichkeiten des Bundesrates“ auf die Interessen der Bundesländer Rücksicht zu nehmen. In diesem Sinne äußerte sich Kanzleramtsminister Pofalla im Bundesrat. Seehofer hatte in seiner Ansprache zu seinem Amtsantritt als Bundesratspräsident diese Forderung erhoben.

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