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CSU : Was treibt der Anwalt Gauweiler?

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Alleine, aber ganz bei sich: Peter Gauweiler Bild: dpa

Der stellvertretende CSU-Vorsitzende Peter Gauweiler bewegt sich zwischen Politik, Anwaltsmandaten und Königstreue. Jetzt gerät er in die Affäre um den Laborunternehmer Bernd Schottdorf.

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          Peter Gauweiler ist ein begeisterter Anhänger der Schweiz und der Schweizer, deren Freiheitsdrang und Freiheitsliebe er rühmt. Am liebsten sähe er Europa als Eidgenossenschaft organisiert und schwärmt von einem „besseren Europa“, das eine „Schweiz der Welt“ werden könne. Mit dieser Position steht Gauweiler zwar recht alleine, auch in seiner Partei, der CSU, deren stellvertretender Vorsitzender er ist – aber er ist damit ganz bei sich. Gauweiler ist seine eigene Schweiz, mit unterschiedlichen Kantonen, mit unterschiedlichen Sprachen, mit unterschiedlicher Prosperität.

          Da ist der Parlamentarier Gauweiler, der sich im Bundestag der auswärtigen Kulturpolitik verschrieben hat, wenn er nicht gerade gegen einen in seinen Augen zu ungestümen europäischen Zentralismus wettert. Da ist der Rechtsanwalt Gauweiler, dessen lukrative Mandate, etwa im Streit der Erben des Medienunternehmer Leo Kirch mit der Deutschen Bank, Neidgefühle schüren. Da ist der Königstreue Gauweiler, der nicht müde wird, für die Ehre Ludwig II. zu kämpfen – der letzte Verbündete des letzten wahren Königs.

          Lange wurde Gauweilers höchstpersönliche Schweiz belächelt, aber respektiert. Zwar schossen Phantasien ins Kraut, welche Synergien sich zwischen den einzelnen Kantonen ergeben könnten, sprich zwischen dem Politiker Gauweiler und dem Anwalt Gauweiler. Sie wurden geschürt durch die lakonische Aufzählung der Mandate des Anwalts Gauweiler, die der Politiker Gauweiler auf den Internetseiten des Bundestags gibt, von „Mandant 01“ bis Mandant 19“. Sie trugen zu seinen Einkünften in unterschiedlichem Maße bei, von „Stufe 1“ bis „Stufe 10“. Stufe 1 erfasst nach dem Regelwerk des Bundestags für Tätigkeiten „neben dem Mandat“, wie die im Falle Gauweilers durchaus ironisch zu verstehende Bezeichnung lautet, einmalige oder regelmäßige monatliche Einkünfte von 1000 bis 3500 Euro, Stufe 10 Einkünfte über 250.000 Euro. Wie immer gab es auch hier ein Auf und Ab: „Mandant 02“ ist 2013 mit Stufe 10, 2014 mit Stufe 1 erfasst, „Mandant 05“, der 2013 noch auf Stufe 4 verharrte, schnellte in diesem Jahr auf Stufe 10 hoch.

          „Finaler Eingriff in ein Hauptverfahren“

          Die kantonale Grenzziehung in Gauweilers Schweiz ist seit dieser Woche in Gefahr. Der Politiker Gauweiler sieht sich mit Fragen konfrontiert, was denn der Anwalt Gauweiler so treibe. Es geht um einen Untersuchungsausschuss des Landtags, der eine Affäre um den Laborunternehmer Bernd Schottdorf aufklären soll. Die Abgeordneten wollen unter anderem der Frage nachgehen, wie es zu der Einstellung einer Vielzahl von Verfahren gegen Ärzte kam, die im Verdacht standen, medizinische Laboruntersuchungen nicht korrekt abgerechnet zu haben. Schottdorf sieht sich dadurch in seinen Rechten verletzt und hat gegen den Beschluss des Landtags, mit dem der Untersuchungsausschuss eingesetzt worden ist, Verfassungsbeschwerde beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof eingelegt. Unterzeichnet ist die Beschwerde von vier Anwälten, darunter von „Dr. Peter Gauweiler, Rechtsanwalt.“

          Juristisch sind die 37 Seiten der Verfassungsbeschwerde eine anregende Lektüre, wie die meisten Schriftsätze des Anwalts Gauweiler. Der Untersuchungsausschuss maße sich die Stellung einer „außerordentlichen Ober-Revisionsinstanz“ gegenüber den Gerichten an, die „bereits früher für Dr. Schottdorf Urteile und Einzelverfügungen getroffen haben.“ Gegen Schottdorf und seine Ehefrau sei auch ein Strafverfahren bei einer Strafkammer des Landgerichts Augsburg anhängig. Während das klassische Ziel eines Untersuchungsausschusses die Ermittlung vergangener Geschehnisse sei, gehe es bei der parlamentarischen Befassung mit dem Fall Schottdorf „um den finalen Eingriff in ein vor kurzem von der Strafkammer eröffnetes Hauptverfahren“.

          Juristisch hat Gauweiler schon einen kleinen Sieg errungen. Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes Karl Huber hat den Landtag gebeten, doch mit der Klärung der in der Beschwerde beanstandeten Sachverhalte abzuwarten. Es gehe um „sowohl in formeller als auch in materiellrechtlicher Hinsicht schwierige, für die parlamentarische Arbeit äußerst bedeutsame verfassungsrechtliche Fragen.“ Unter Murren hat sich der Ausschuss dieser präsidialen Bitte gefügt, die dadurch an Eindringlichkeit gewann, dass Schottdorfs Anwälte einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt haben. Die Aufklärung werde nur ein wenig verzögert, aber nicht verhindert, lautet die gesichtswahrende Formulierung, mit der das Parlament den Eindruck verhindern will, es habe eine Niederlage erlitten, bevor es überhaupt das Schlachtfeld erreicht hat.

          Politisch gesehen könnte allerdings Gauweiler selbst dieses Schicksal erleiden. Die CSU ist in der Affäre Schottdorf darauf bedacht, möglichst jeden Verdacht zu zerstreuen, ihr sei an einer Aufklärung nicht gelegen – auch weil Schottdorf eine Nähe zu ihr nachgesagt wird. Diese Linie droht durch Gauweiler brüchig zu werden. Denn die Grenzziehung zwischen Parlamentarier und Anwalt ist für einen stellvertretenden Parteivorsitzenden schwierig, zumal wenn er diese Funktion so öffentlichkeitswirksam wahrnimmt wie Gauweiler. Es gehörte zum Europawahlkampf, dass ihn die CSU ganz nach vorne schob, neben Horst Seehofer. Der Ertrag ist bekanntlich bescheiden ausgefallen; anders als in der Juristerei ist in der Politik aber eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wie es ein wenig sperrig genannt wird, nicht möglich. Gauweiler wird sich daran gewöhnen müssen, dass er als Politiker auch dort wahrgenommen wird, wo er als Anwalt auftritt.

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