CSU-Generalsekretär : Scheuer durfte in Passau nicht promovieren
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Prag statt Passau: Andreas Scheuer entschied sich für eine Promotion im Ausland Bild: dpa
Weil seine Magisterarbeit nur mit „befriedigend“ benotet wurde, war dem CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer der Weg zu einer Promotion an seiner Heimatuniversität verbaut. Das berichtet die F.A.S.
Nach Recherchen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (F.A.S.) war dem heutigen CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer der Weg zu einer ordentlichen Promotion an seiner Heimatuniversität in Passau verbaut. Seine Magisterarbeit im Fach Politikwissenschaft wurde lediglich mit der Note „befriedigend“ bewertet. Mindestens einer der beiden Gutachter hegte schwere Bedenken ob ihrer wissenschaftlichen Qualität. Die damals geltende Prüfungsordnung sah als Voraussetzung für die Zulassung zur Promotion die Mindestnote „gut“ vor.
Der Passauer Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter sagte der F.A.S.: „Andreas Scheuer gehörte nicht zu denen, die sich uns dazu aufgedrängt hätten, dass wir sie zu höheren akademischen Weihen führen.“ Oberreuter war an der Magisterprüfung nicht beteiligt. Er nahm Scheuer aber eine mündliche Prüfung im Rahmen von Scheuers Staatsexamen im vorangegangenen Lehramtsstudium ab. Die sei „ordentlich“ gewesen, so Oberreuter. Zu Scheuers Entscheidung, eine mit deutschen Standards nicht vergleichbare Promotion an der Karlsuniversität in Prag zu absolvieren, sagte Oberreuter der F.A.S.: „Scheuer wäre nie auf die Idee gekommen, den Umweg über Prag zu nehmen, wenn er sich davon nicht eine Beförderung seiner politischen Karriere versprochen hätte.“
Ombudsmann: Arbeit auf Täuschungsabsicht prüfen
Der Ombudsmann für die deutsche Wissenschaft, der Bonner Juraprofessor Wolfgang Löwer, hält eine wissenschaftliche Prüfung der unter Plagiatsverdacht stehenden Promotionsarbeit von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer für notwendig. Die bekannt gewordenen Stellen „sollten Anlass sein, genauer hinzusehen und zu prüfen, wie der Text entstanden ist“, sagte Löwer der F.A.S. „Ich gehe davon aus, dass die Karlsuniversität in Prag dieser Aufgabe nachkommen wird.“
An dieser Universität hatte Scheuer 2004 ein „kleines Doktorat“ erworben, das ihn nur in Bayern und Berlin, nicht aber in anderen Bundesländern zum Tragen eines allgemeinen Doktortitels berechtigte. Nachdem er für die uneingeschränkte Titelverwendung kritisiert worden war, hatte Scheuer am Freitag ganz darauf verzichtet, einen akademischen Titel zu tragen.
„Klassisches Plagiat“
Löwer stufte Stellen in Scheuers Promotionsarbeit, die offenbar aus einer Publikation der Bundeszentrale für politische Bildung übernommen wurden, als „klassisches Plagiat“ ein. „Diese Art der Übernahme ist äußerst signifikant“, befand der Ombudsmann, der für gute wissenschaftliche Praxis und Verstöße dagegen zuständig ist. Es könne sich jedoch auch um ein Versehen handeln. Ob der Verfasser eine systematische Täuschungsabsicht verfolgt habe, sei erst durch eine gründliche Prüfung der gesamten Arbeit festzustellen, sagte Löwer.
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Scheuers freiwilliger Verzicht auf den Titel beugt einer Prüfung seiner Arbeit nicht vor. Die Karlsuniversität könnte dem CSU-Generalsekretär den von ihr verliehenen Titel aberkennen. Außerdem stellen sich bei Plagiatsfällen zivilrechtliche Fragen hinsichtlich der Verletzung von Urheberrechten.
„Auf kleiner Flamme promoviert“
Beim Koalitionspartner der Union im Bund sorgt der Fall Scheuer weiterhin für Spott. Ralf Stegner, der SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende in Schleswig-Holstein, sagte der F.A.S.: „Im Wettbewerb um fragwürdige Doktortitel schließt die CSU langsam zur FDP auf.“ Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Ernst-Dieter Rossmann, sagte: „Es ist klug und mehr recht als billig, dass Herr Scheuer eine Frontbegradigung vornimmt. Langsam nervt es, dass Doktortitel nicht mehr wegen der Wissenschaft, sondern aus anderen Gründen angestrebt werden.“
Aus der CSU ließ sich Thomas Goppel, einst selbst Generalsekretär, mit verteidigenden Worten vernehmen. „Andreas Scheuer kann selbstverständlich Generalsekretär der CSU bleiben.“ Scheuer sei „längst promoviert und das nicht ermogelt, sondern echt“. Goppel sagte allerdings auch, Scheuer sei nur „auf kleiner Flamme“ promoviert worden; seine Arbeit sei „natürlich interpretationsfähig in der Qualität“. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) erklärte den Fall Scheuer für beendet. „Die Entscheidung, dass er den Titel nicht weiter führt, ist richtig. Für mich ist das erledigt“, sagte Seehofer der „Süddeutschen Zeitung“.
Mehr zu dem Thema lesen Sie in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 19. Januar 2014.