Bundespräsident Steinmeier : „Lassen wir uns nicht einschüchtern“
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Wer gesellschaftlichen Frieden in Deutschland wolle, dürfe nicht „selbst ernannten Rächern“ hinterherlaufen, sagt Bundespräsident Steinmeier. Die Polizei tritt Gerüchten zu den tödlichen Messerstichen von Chemnitz entgegen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die rechtsextremen und ausländerfeindlichen Übergriffe in Chemnitz scharf verurteilt. Er telefonierte am Dienstag mit der Oberbürgermeisterin der Stadt, Barbara Ludwig, und dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer. Danach sagte er, er teile die Trauer über den Tod eines Chemnitzer Bürgers. „Aber die Erschütterung über diese Gewalttat wurde missbraucht, um Ausländerhass und Gewalt auf die Straßen der Stadt zu tragen.“ Gewalt müsse geahndet werden, sagte Steinmeier weiter, egal von wem sie ausgehe, tätliche Angriffe ebenso wie Volksverhetzung.
Alle Menschen in Deutschland müssten darauf vertrauen können, dass Polizei und Justiz entschlossen handelten und keine Rechtsbrüche zuließen. „Der Staat – und allein der Staat – sorgt in diesem Land für Recht und Sicherheit. Aber die Bürger – wir alle – sorgen für den gesellschaftlichen Frieden“, betonte Steinmeier. Wer Sicherheit und gesellschaftlichen Frieden wolle, dürfe nicht „selbst ernannten Rächern“ hinterherlaufen. „Lassen wir uns nicht einschüchtern von pöbelnden und prügelnden Hooligans. Lassen wir nicht zu, dass unsere Städte zum Schauplatz von Hetzaktionen werden. Hass darf nirgendwo freie Bahn haben in unserem Land.“
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte schon am Dienstagmittag in Dresden gesagt: „Die politische Instrumentalisierung durch Rechtsextremisten ist abscheulich.“ Die Ereignisse von Chemnitz zeigten, dass man im Kampf gegen Rechtsextremismus nicht nachlassen dürfe. Der Staat lasse sich das Gewaltmonopol nicht aus der Hand nehmen. „Der sächsische Staat ist handlungsfähig und er handelt“, sagte Kretschmer. Straftäter auf allen Seiten würden dingfest gemacht.
Kretschmer kündigte ein entschiedenes Vorgehen gegen Stimmungsmache im Internet an. Die Mobilisierung für die Demos am Sonntag und Montag im Internet sei stärker gewesen als aus der Vergangenheit bekannt, sagte Kretschmer. „Diese Mobilisierung beruht auf ausländerfeindlichen Kommentaren, auf Falschinformationen und auf Verschwörungstheorien. Das ist auch Stimmungsmache gegen den Staat und seine Institutionen.“ Dem werde man sich entschieden entgegenstellen.
Merkel: „Für Hass ist auf unseren Straßen kein Platz“
Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) sprach von alarmierenden Bildern. Zu der Demonstration seien Chaoten und Hooligans aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Thüringen, Berlin und Brandenburg nach Chemnitz gekommen, sagte Wöller am Dienstag in Dresden. „Das ist Anlass, die Sicherheitsvorkehrungen zu verschärfen“, kündigte Wöller an. Die polizeilichen Maßnahmen in Chemnitz sollten erheblich ausgeweitet werden. „Die eingesetzten Beamten haben einen verdammt guten Job gemacht“, sagte der Minister.
Laut Landespolizeipräsident Jürgen Georgie hat sich im Laufe des Tages die Zahl der prognostizierten Demo-Teilnehmer auf 3000 verdoppelt. Nach Angaben Wöllers waren 1500 Demonstranten angemeldet, 7000 seien gekommen, davon 6000 im Lager der Rechtsextremen.