Bundeswehr-Projekt : Erst die Wehrindustrie, dann die Truppe
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Ein zweiteiliges ADS-Sicherungssystem gegen Beschuss durch Panzerfäuste an einem Panzer vom Typ Leopard Evolution auf dem Testgelände von Rheinmetall Defence. Bild: dpa
Das Verteidigungsministerium treibt die Privatisierung der Heeresinstandsetzungslogistik voran. Doch den militärischen Bedürfnissen der Bundeswehr wird dieses Konzept kaum gerecht. Eine Analyse.
Verteidigungsminister Ursula von der Leyen (CDU) gibt gerne die große Reformministerin, die konsequent die Bundeswehr umkrempelt – von einer kaputt gesparten Trümmertruppe hin zu einer Armee, die wieder selbstbewusst in der Öffentlichkeit und im Bündnis auftreten kann. Dafür lässt sie die Armee im Rahmen so genannter „Trendwenden“ im großen Stil um neues Personal werben und fordert üppige Milliardenbeträge für mehr modernes Material. Von der Leyens Kernbotschaft: Die militärischen Bedürfnisse der Streitkräfte stehen ab jetzt klar an erster Stelle; nicht wie meistens die Befindlichkeiten anderer Akteure der Sicherheitspolitik, vor allem der Industrie.
Ein wichtiges Wehrprojekt passt jedoch kaum in von der Leyens Agenda neue eigene Stärke der Bundeswehr. So plant das Ministerium, die drei Panzerwerkstätten der Heeresinstandsetzungslogistik – kurz HIL – für 20 Jahre an die Industrie abzugeben. Die HIL ist eine GmbH, deren Mehrheitseigner das Verteidigungsministerium ist. In den HIL-Werken in Sankt Wendel im Saarland, in Darmstadt und im brandenburgischen Doberlug-Kirchhain setzen zivile Bundeswehr-Techniker abgenutzte Kampfpanzer und andere Einsatzfahrzeuge instand. Diese Techniker der Truppe wurden zu dem Unternehmen versetzt. Ihre Bezahlung übernimmt weiterhin die Bundeswehr, nicht die HIL GmbH.
Der spezielle Konstrukt HIL GmbH ist eine Notgeburt, aus der Hochphase schrumpfender Wehretats Anfang der 2000er Jahre unter SPD-Verteidigungsminister Peter Struck. Die Überlegung der Planer im Ministerium damals: Wir müssen Personal einsparen, die Industrie hat kaum noch Aufträge. Lasst uns die Instandsetzung privatisieren. Das hilft dabei, die Industrie am Leben zu halten und wir können Personal abbauen. So wurde die Bundeswehr zunächst nur Minderheitsgesellschafter der HIL und bezahlte üppige Beträge für die Instandsetzung an die Industrie, die weiterhin die Truppen-Techniker beschäftigte. Doch das Bundeskartellamt stoppte das Konstrukt, bei dem sich Rüstungsunternehmen wie Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall de facto selbst die Preise schrieben.
Die Bundeswehr musste die HIL 2013 als Mehrheitsgesellschafter übernehmen. Doch die Strategie der Militärplaner blieb dieselbe: Die HIL vergibt mehr als 70 Prozent ihrer Instandsetzungen an Rüstungsfirmen. Der jetzige Versuch, statt des ganzen Unternehmens die einzelnen Werkstätten zu privatisieren, soll die Wehrindustrie offenkundig zusätzlich fördern. So genannte Werksinstandsetzungen, das sind größere Arbeiten, wie das Einrüsten neuer Waffensysteme, würden so ganz an die Industrie gehen, einschließlich der rund 1.000 Facharbeiter in den HIL-Werken.