Rolf Mützenich : Ein Pazifist und Strippenzieher
- -Aktualisiert am
Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, im Mai 2021 im Bundestag Bild: dpa
Olaf Scholz nennt Rolf Mützenich einen „ganz tollen Mann“. Der SPD-Fraktion hat er einen links-pazifistischen Kurs verpasst. Heute wurde er wiedergewählt.
Als einen „ganz tollen Mann“ hat Olaf Scholz am Montagmorgen Rolf Mützenich bezeichnet. Der Fraktionsvorsitzende der SPD sei ein wichtiger Baustein des Erfolgs im sozialdemokratischen Team gewesen. Und nun werde er weiter dort gebraucht, wo er bisher war: an der Spitze der um 54 auf 206 Abgeordnete gewachsenen Bundestagsfraktion.
Mützenich, 62 Jahre alt, Abgeordneter und Außenpolitiker aus Köln, war eher durch Zufall als durch Machtstreben in sein Amt gekommen. Jahrelang hatte er als außen- und friedenspolitischer Sprecher seiner Fraktion einen ruhigen, pazifistisch gefärbten Kurs verfolgt, stets höflich, stets betont bescheiden.
Anders als manche Linke und NATO-Skeptiker in der SPD, die später zu Realpolitikern wurden, wie Scholz etwa, blieb Mützenich über die Jahrzehnte den Auffassungen treu, welche der Titel seiner Promotion an der Universität Bremen nahelegt: „Atomwaffenfreie Zonen und internationale Politik – historische Erfahrungen, Rahmenbedingungen, Perspektiven“. Sein Berufsleben hat er zunächst in der öffentlichen Verwaltung und seit 2002 im Bundestag verbracht.
Respekt auch leben
Der Rücktritt der Vorsitzenden Andrea Nahles stürzte die SPD Mitte 2019 in eine weitere Krise. Während die Nachfolge in der Partei mit Hilfe eines monatelangen Auswahlverfahrens gesucht wurde, fiel die Wahl in der Fraktion auf Mützenich. Kampfkandidaturen sollten vermieden werden. Mützenich bedankte sich für das Vertrauen und hat seither die Fraktion nahezu geräuschlos geführt.
Auf seinem alten Interessengebiet, der Außenpolitik, sorgte er indes bald dafür, dass Verteidigungspolitiker aus der politischen Mitte keine Chance mehr hatten. Sowohl der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels als auch der verteidigungspolitische Sprecher Fritz Felgentreu wurden verdrängt, ebenso der Haushalts- und Verteidigungspolitiker Johannes Kahrs. Mützenich wies der Fraktion einen links-pazifistischen Kurs, sie folgte ihm.
In den Koalitionsgesprächen der vergangenen beiden Jahre hat Mützenich die Abgeordneten wirkungsvoll, aber fast geräuschlos vertreten. Selbstbewusst sagt er am Montag beim Gartenfest der konservativeren „Seeheimer“, dass die SPD-Abgeordneten unter seiner Führung, „wenn es so weit ist, Olaf Scholz zum Kanzler der Bundesrepublik Deutschland wählen. Das kann ich heute versprechen.“
Der Erfolg komme „nicht, ohne dass wir uns untergehakt haben“. Die Krisen der Fraktion, auch das bittere Ende von Andrea Nahles, hätten gelehrt, dass man „Respekt nicht nur plakatieren, sondern auch leben“ müsse.
Scholz weiß das. Er hat darauf verzichtet, selbst auf den Fraktionsvorsitz zu bestehen. Mützenich wurde an diesem Mittwoch wiedergewählt. Wie lange er bleibt, ob er vielleicht Bundestagspräsident wird, wird sich noch zeigen.