
Sechs Tage bis zur Wahl : Die Finte der SPD
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Was hat die SPD davon, wenn die FDP im Bund scheitert? Die Union wäre stark, aber ohne Partner. Und es gäbe eine rot-rot-grüne Mehrheit. Aber die will Gabriel nicht nutzen. Was dann?
Schon vor der Bayern-Wahl war für die SPD nicht mehr die rot-grüne Perspektive das Maß aller Dinge. Erst recht nach der Wahl geht es ihr in erster Linie nur noch darum, eine Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition zu verhindern. Im Bund muss die SPD zwar nicht fürchten, dass die Koalition wegen einer absoluten Mehrheit der Union ein Ende findet. Doch es wäre für die SPD nicht viel besser, wenn es anderweitig so liefe wie in Bayern, wenn FDP-Wähler scharenweise zur Union überliefen und wenn es CDU und CSU gelänge, woran die SPD seit Monaten arbeitet, nämlich Nichtwähler zu mobilisieren.
Der SPD muss an einer möglichst schwachen Union gelegen sein. Denn reicht es nicht für Schwarz-Gelb, steuert die SPD auf eine große Koalition zu, in der sie dieses Mal – mit dem Bundesrat im Rücken – am Drücker wäre und CDU/CSU kleinregieren könnte. Eine schwache Union ist aber umso wahrscheinlicher, je mehr ihrer Wähler der FDP über die Fünfprozenthürde helfen wollen.
Es ist deshalb eine Finte der SPD, dass sie der FDP auch im Bund das bayerische Schicksal wünscht. Bliebe die FDP am Sonntag auf der Strecke (und sollte es die AfD nicht in den Bundestag schaffen), gäbe es eine klare rot-rot-grüne Mehrheit – das ist zugleich der feste Grund, auf dem die Zweitstimmenkampagne der FDP bauen kann. Auch Rot-Grün kommt nämlich, sollte die FDP scheitern, einer Regierungsmehrheit nicht viel näher – wegen der Schwäche der Grünen, aber auch aus demselben Grund, warum die Union keine absolute Mehrheit erreicht: wegen der Linkspartei.
Sigmar Gabriel nahm sich deshalb am Wahlabend die „Propagandalüge“ der FDP vor, die SPD plane ein Linksbündnis. Gabriels Absage an die Linkspartei war so eindeutig, wie es sich Volker Bouffier in Hessen auch von Thorsten Schäfer-Gümbel wünschen würde (oder auch nicht, weil nichts so schön mobilisiert wie dessen Zweideutigkeiten).
Die SPD verschafft der FDP damit allerdings eine Aufmerksamkeit, die für deren Zweitstimmenkampagne nicht besser sein könnte. Doch wenn es der SPD schon nicht gelingt, genügend eigene Wähler zu mobilisieren, nimmt sie den Zulauf für die FDP gerne in Kauf – in Niedersachsen hätte das für die SPD nicht besser laufen können.