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Etwa 300 Milliarden Euro : Bundesregierung weist griechische Reparationsforderungen zurück

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Die griechische Forderung sei „eine historische und moralische Pflicht“, sagte der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras. Bild: Reuters

Griechenlands Parlament hat beschlossen, von Deutschland offiziell Reparationszahlungen für die Kriegsschäden und -verbrechen im Zweiten Weltkrieg zu fordern. Doch die Bundesregierung sieht die Sache als geregelt an.

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          Die Bundesregierung hat neue griechische Reparationsforderungen für die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg entschieden zurückgewiesen. „Die Haltung der Bundesregierung ist unverändert: Die Frage nach deutschen Reparationen ist juristisch wie politisch abschließend geregelt“, sagte ein Regierungssprecher am Donnerstag. Am Mittwochabend hatte das griechische Parlament beschlossen, eine diplomatische Offensive zu starten, damit das Land deutsche Reparationen erhält.

          2016 hatte eine Kommission des griechischen Parlaments die Ansprüche auf mindestens 270 Milliarden Euro geschätzt. „Dieser Anspruch ist unsere historische und moralische Pflicht“, sagte der linksgerichtete Ministerpräsident Alexis Tsirpas nach einer zwölfstündigen Debatte.

          Zehntausende Griechen wurden getötet

          Er habe das Thema nicht mit der schweren Finanzkrise der vergangenen Jahre und den Schulden des Landes verquicken wollen, erklärte Tsipras weiter. Jetzt aber, nach dem Ende der internationalen Hilfsprogramme, sei der richtige Zeitpunkt gekommen. „Wir haben jetzt die Chance, dieses Kapitel für beide Völker abzuschließen.“

          Wichtig sei ihm, mit Deutschland auf Augenhöhe und freundschaftlich zusammenzukommen. Um den Dialog hinsichtlich des Themas zu beginnen, werde die griechische Regierung Deutschland „eine mündliche Mitteilung“ überbringen.

          Die deutsche Wehrmacht hatte Griechenland im Zweiten Weltkrieg 1941 besetzt. Zehntausende Griechen wurden im Kampf gegen die deutschen Besatzer oder bei Vergeltungsaktionen der Wehrmacht getötet. Die griechische Seite möchte zudem einen Ausgleich für eine Zwangsanleihe, die die griechische Nationalbank 1942 auf deutschen Druck ausgeben musste. Auch der griechische Oppositionsführer Kyriakos Mitsotakis, dessen konservative Partei in Meinungsumfragen führt, stellte sich hinter die Forderungen.

          Historiker uneins über das Anrecht auf Reparationszahlungen

          Regierungssprecher Steffen Seibert hatte am Mittwoch betont, dass sich Deutschland seiner historischen Verantwortung bewusst sei. „Wir wissen um die große Schuld, um das große Leid, das Deutschland und Deutsche zu Zeiten des Nationalsozialismus über Griechenland gebracht haben.“ Deshalb bemühe man sich um gute Beziehungen zum Euro- und EU-Land Griechenland als „Freunde und Partner“.

          Unterdessen fordert der polnische Reparationsbeauftragter Arkadiusz Mularczyk vom Parlament, entsprechende Schritte einzuleiten. „Die Entscheidung des griechischen Parlaments zeigt, dass die Internationalisierung der Angelegenheit in Sachen Kriegsreparationen aus Deutschland realistisch ist“, schrieb der nationalkonservative PiS-Politiker am Donnerstag bei Twitter.

          Mularczyk sagte, es sei Zeit für eine Entscheidung des Warschauer Parlaments. Aus Polen wurden zwar seit 2017 aus Kreisen der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit PiS wiederholt Forderungen nach Entschädigungen aus Deutschland für den Zweiten Weltkrieg laut. Offizielle Ansprüche der Regierung gab es bisher aber nicht. Die Bundesregierung hatte Forderungen Polens mit Hinweis auf einen mehrfach bestätigten polnischen Verzicht auf solche Zahlungen zurückgewiesen.

          Deutschland sieht die Forderung nach Reparationszahlungen schon seit der Wiedervereinigung als geregelt. Dabei stützt sie sich auf  Vier-plus-Zwei-Vertrag. Juristen und Historiker beider Länder sind sich jedoch uneins über das Anrecht der Griechen auf Reparationen. Der Konflikt könnte schließlich vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag landen.

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