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Ukraine-Konflikt : Bundesregierung: Putins Äußerungen befremdlich

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Regierungssprecher Steffen Seibert Bild: EPA

Die Bundesregierung hat die jüngsten Äußerungen des russischen Präsidenten zum Ukraine-Konflikt „mit Befremden zur Kenntnis genommen“. Moskau weist unterdessen die Vermittlungsbemühungen der Kanzlerin zurück.

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          Die Bundesregierung hat Äußerungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin als befremdlich bezeichnet, wonach die Ukraine nicht am Frieden in der Region interessiert sei. Putin hatte auf dem G-20-Gipfel in Buenos Aires am Wochenende von der Ukraine als „Partei des Krieges“ gesprochen; die jetzige ukrainische Führung setze sich nicht für eine friedliche Lösung des Konfliktes im Osten des Landes ein. Solange sie an der Macht sei, würde der Krieg andauern, sagte Putin.

          Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin, die Bundesregierung habe diese Äußerung des russischen Präsidenten „mit Befremden zur Kenntnis genommen“. Die ukrainische Regierung sei die legitime und demokratisch gewählte Vertretung des Landes. Die „Hauptverantwortung“ für die Krise in der Region liege bei Russland.

          Kritik an Nord Stream 2

          Die Grünen erneuerten am Montag die Forderung, die Bundesregierung müsse dem Pipeline-Projekt Nord Stream 2 nach den Vorfällen zwischen ukrainischen und russischen Schiffen in der Straße von Kertsch die politische Unterstützung entziehen. Außenminister Heiko Maas (SPD) und Seibert äußerten sich dagegen weiter konditioniert unterstützend zu dem Vorhaben, welches Gaslieferungen von Russland durch die Ostsee nach Deutschland und Westeuropa möglich machen soll.

          Maas sagte, ein Rückzug Deutschlands aus dem Vorhaben werde den Bau der Pipeline nicht stoppen, aber Nachteile für die Ukraine haben. Deutschland setze sich weiterhin dafür ein, dass der Ukraine auch nach der Inbetriebnahme von Nord Stream 2 Einnahmen aus Transitgebühren der Gas-Durchleitung erhalten blieben. Auch Seibert sagte, es gelte, mit Russland zu vereinbaren, dass die Ukraine auch künftig ein Transitland für Gas bleiben könne.

          Die drei Kandidaten für das Amt des CDU-Vorsitzenden äußerten sich kritisch zu Nord Stream 2. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“, Putin befeuere mit dem russischen Vorgehen in der Straße von Kertsch die Debatte in Europa um Nord Stream 2. Die Frage sei, wo man im laufenden Verfahren noch eingreifen oder die Menge des durchgeleiteten Gases beschränken könne.

          Jens Spahn, Gesundheitsminister und Bewerber um den CDU-Vorsitz, schloss im „Bild“-Talk einen Ausstieg aus dem Projekt nicht aus. „Es kann nicht sein, dass das Projekt – egal was Putin macht – immer weiter geht.“ Der CDU-Kandidat Friedrich Merz hatte bereits in der vergangenen Woche den Bau der Gasleitung in Frage gestellt. „Je mehr der Konflikt eskaliert, je mehr kommt die Frage in den Fokus: Ist es wirklich richtig, dass wir diese Pipeline bauen?“, sagte Merz bei der CDU-Regionalkonferenz am Freitag in Berlin.

          Anklage gegen Besatzungsmitglieder erhoben

          Unterdessen hat der Kreml am Montag die Darstellung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zurückgewiesen, der Konflikt im Asowschen Meer könne bei einem Treffen im Normandie-Format behandelt werden. Putins Sprecher Dmitrij Peskow sagte in Moskau: „Die Provokation der ukrainischen Seite in russischen Territorialgewässern gehört kaum zum Geltungsbereich der Minsker Vereinbarungen.“

          Peskow schrieb der Agentur Interfax zufolge die Forderung nach Einberufung des Normandie-Formats (Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine) dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zu. Am Samstag hatte Merkel nach einem Gespräch mit Putin in Buenos Aires gesagt, die Anregung, den Fall im Normandie-Format zu besprechen sei „zustimmend zur Kenntnis genommen worden“.

          Die russische Staatsanwaltschaft hat außerdem Anklage gegen die 24 ukrainischen Besatzungsmitglieder der von Russland aufgebrachten Schiffe im Asowschen Meer erhoben; ihnen wird illegaler Grenzübertritt vorgeworfen. Das meldete die Agentur Tass am Montag unter Berufung auf den Anwalt Nikolai Polosow. Er habe jedoch keinen direkten Kontakt zu seinen Klienten, seit sie von der durch Russland annektierten Halbinsel Krim nach Moskau verlegt wurden.

          Poroschenko forderte Russland am Montag auf Twitter abermals auf, Informationen über den Zustand der Matrosen zu liefern. Kiew werde weiter alles für die baldige Rückkehr aller in Russland gefangenen Ukrainer unternehmen. Poroschenko betonte im Kurznachrichtendienst außerdem, das Kriegsrecht sei eine „Präventivmaßnahme“. Die Zeit würde dafür genutzt, „unsere Verteidigung und unsere Fähigkeit zu stärken, die Bürger vor dem Angriff des Feindes zu schützen“.

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