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: Leserbriefe vom 12. Februar 2021

  • Aktualisiert am

Wenn eine Familie auseinanderbricht, bleibt das Kind in neun von zehn Fällen bei der Mutter. Bild: Getty

Gemeinsame Elternverantwortung +++ Spielball Kindeswohl +++ Impfpopulismus +++ Affekthandlungen verhindern +++ Russland im Europarat +++ FFP2-Unterhosen

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          Chronologie des Versagens

          Zu „Kampf ums Kindeswohl“ von Christoph Schäfer (F.A.Z. vom 6. Februar): Das ist ein „Paukenschlag“ Ihres Autors Christoph Schäfer mit einer großartigen Chronologie des Versagens staatlicher Organe. Eine lange erwartete und vermisste Reportage über die Manipulationen eines Ministeriums, die einer „Bananenrepublik“ zur Ehre gereichen würden. Es sind ein bisschen viel Zufälle, warum die Kindeswohlstudie nach Jahren des Wartens nicht veröffentlicht wird und beteiligte Experten mundtot gemacht wurden.
          Was für eine Blamage – international gibt es in der westlichen Welt Dutzende große Studien über die gemeinsame Elternverantwortung nach Trennung. Und die erste Studie in Deutschland, mit nur kleinem Umfang noch recht zaghaft, scheitert an einem frauenzentrierten Familienministerium unter Einfluss mächtiger Frauenverbände? Ob es wohl daran liegen mag, dass weltweit solche Studien überwiegend sehr positive Auswirkungen des „shared parenting“, also der gleichwertigen Erziehungsverantwortung beider Eltern nach Trennung, aufzeigen? Passt das nicht ins feministische Weltbild deutscher Frauenrechtler/innen? Seit 2015 schon fordert die Parlamentarische Versammlung des Europarates auch von Deutschland eine Reform des Familienrechts hin zu Doppelresidenz – shared parenting im Interesse des Kindeswohls als stets zu prüfender Regelfall bei strittigen Fällen. In diesen sechs Jahren ist nichts geschehen. Jetzt wurde gar eine ausgewiesene Gegnerin dieser Praxis mit der Überarbeitung und Veröffentlichung der deutschen Ministudie betraut. Man nennt das den Bock zum Gärtner machen. So betreibt man Politikverdrossenheit und bedient überdies die rechten Parteiränder. Johannes Zink, Initiative GEMV, Gemeinsam erziehende Mütter & Väter, Norderstedt

           

          Das Kindeswohl wird zum Spielball

          Zu dem Artikel „Kampf ums Kindeswohl“ von Christoph Schäfer (F.A.Z. vom 6. Februar): Die Frage, was das Beste für ein Kind nach Trennung seiner Eltern ist, wird immer mehr zur politischen Frage, die System hat. Das Kindeswohl wird zum Spielball der Interessen, in der Regel von Jugendämtern, die zumeist von Frauen – oft selbst alleinerziehend – besetzt sind. Offene Elternberatung ist unter solchen Voraussetzungen in der Regel eine Farce.
          Im Einklang mit den Jugendämtern proklamiert das vom Bund finanziell gepuschte Deutsche Jugendinstitut, dass Elternschaft nicht von Natur aus gegeben sei, sondern den sozialen Müttern und Vätern das Wort redet. Hilfen für Trennungsfamilien, subsidiäre Stabilisierung, das kommt beim Jugendinstitut kaum oder nicht vor, und das nicht nur da. Was politisch zunehmend gesteuert wird, ist die Entfremdung des Kindes von einem Elternteil, in der Regel vom Vater. Welches Kontakt- oder Besuchsmodell dabei das Beste für ein Kind ist, ist absolut zweitrangig. Erstrangig ist eine gemeinsame, eine einvernehmliche elterliche Regelung. Diese Regelung sollte nicht starr und unveränderbar sein. Wenn andere Umstände es erfordern, kann diese auch allein in elterlicher Kompetenz verändert werden. Dazu wird keine Justiz und kein Jugendamt benötigt. Unabhängige und nicht systemorientierte Beratungsmöglichkeiten sollten im Bedarfsfall abrufbereit von Eltern kostenfrei in Anspruch genommen werden können. Mein Fazit: Das Wohl des Kindes ist dann sichergestellt, wenn alles versucht wird, beide Eltern dem Kind zu erhalten. Da ist noch viel Luft nach oben. Mutter und Vater müssen dem Kind erhalten bleiben. Gabriele Ludwig, Bergisch Gladbach

           

          Ein Highlight unabhängiger Arbeit

          Zu „Impfpopulismus“ (F.A.Z. vom 3. Februar): Der Kommentar von Jasper von Altenbockum stellt ein echtes Highlight unabhängiger journalistischer Arbeit zu der Impfthematik dar. Der Autor erliegt nicht der Versuchung, in den populistisch verbrämten Strom anderer Berichterstattungen und Kommentare einzustimmen. Für jemanden, der beurteilen kann, wie komplex und schwierig die Einrichtung neuer Produktionsstätten für die Herstellung von Arzneimitteln – und ganz besonders von solch komplizierten wie Impfstoffen – ist, sind die unbedacht und leichtfertig geäußerten Vorschläge wie zum Beispiel die Forderung nach Zwangslizenzen unverständlich und verstörend. Gut, dass nun durch diesen Kommentar einiges richtiggestellt wurde.
          Man fragt sich, wieso Politiker sich so leichtfertig einer solch vordergründigen Argumentation bedienen, und ist fassungslos, wenn dies auch noch in Nachrichtensendungen und Talkshows aufgegriffen und verstärkt wird. Warum bedient man (Politiker ebenso wie Medien) sich hier nicht des Rates und der unabhängigen Beurteilung durch wirklich kompetente und unabhängige Sachverständige? Stattdessen vermittelt man der sehnsüchtig auf eine Lösung der Problematik wartenden Öffentlichkeit den Eindruck, durch die Zwangslizenzen zu einer raschen Verfügbarkeit großer Impfstoffmengen zu kommen.
          Jeder, der sich etwas mit der Materie auskennt, weiß, dass solch eine Vorstellung völlig irreal ist. Der Aufbau der entsprechenden Produktionskapazitäten – unter Einhaltung der erforderlichen gesetzlichen Vorgaben – nimmt Zeiträume in Anspruch, die so lang sind, dass eine Entspannung der Marktsituation mit einem Zeithorizont von wenigen Monaten völlig undenkbar ist. Professor Dr. Henning Blume, Frankfurt am Main

          Unüberlegte Affekthandlungen verhindern

          Zu „Quadratur des Kreises“ von Daniel Deckers (F.A.Z. vom 30. Januar): Das Schutzkonzept besteht richtigerweise darin, dass Staat und Kirche den Lebensmüden vor der eigennützigen Einflussnahme anderer, vor allem professioneller Suizidhelfer und auch vor sich selbst schützen, indem sie unüberlegte Affekthandlungen verhindern, die keine Rücksicht auf die Gefühle von Angehörigen und eventuelle soziale Pflichten nehmen und Alternativen nicht in Betracht ziehen. Dr. Harald Kallmeyer, Berlin

           

          Deutschland, Russland und der Europarat

          In Ihrer Kommentierung und Berichterstattung zum Fall Nawalnyj vermisse ich den Hinweis darauf, dass Russland seit fast 25 Jahren Mitglied des Europarats ist, die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) ratifiziert hat und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) unterliegt – von wegen „Einmischung in innere Angelegenheiten“. Russland hat sich also ganz klar zur Einhaltung der in der EMRK normierten rechtsstaatlichen Standards verpflichtet, die nicht etwa nur „westlich“ sind, sondern fast wörtlich mit dem ebenfalls von Russland ratifizierten Internationalen Pakt über politische und bürgerliche Rechte (UN-Zivilpakt) übereinstimmen.
          In Sachen Nawalnyj hat der EGMR zu dessen Gunsten 2014 und 2019 Urteile gesprochen, von denen man nicht weiß, ob und gegebenenfalls wie Russland sie inzwischen innerstaatlich umgesetzt hat. Sehr viel Wirkung auf die russische Justiz scheinen sie jedenfalls nicht entfaltet zu haben. Für die entsprechende Kontrolle ist das Ministerkomitee des Europarats zuständig, in dem zurzeit Deutschland den Vorsitz führt. Vielleicht sollte Außenminister Maas einmal öffentlich nach der bisherigen Umsetzung der Urteile fragen und auch im Ministerkomitee energisch darauf drängen, bevor das nächste Nawalnyj-Urteil kommt, welches Russland dann vermutlich ebenfalls ignoriert.
          Wie die jüngste Beschlussfassung in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats über den Ausschluss der russischen Mitglieder zeigt, ist das kollektive Bemühen im Europarat, Russland als „Clubmitglied“ zu halten, immer noch größer als der Wille, klare Signale gegenüber Putin zu setzen. Der Preis für diese politische Schwäche, wenn nicht Feigheit dürfte aber allmählich zu hoch sein, wenn der Europarat als Hort von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten international noch glaubwürdig wirken will. Matthias Weckerling, Bonn

          Sonst trübsinnig

          Zur F.A.Z. vom 9. Februar: Was haben Sie uns mit der Karikatur „Haben Sie FFP2-Unterhosen?“ von Greser & Lenz erheitert! Danke, dass es die F.A.Z. gibt; man würde sonst trübsinnig in diesen Tagen. Madeleine Osswald, Bad Münstereifel

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