Bistum Limburg : Hilf deinem Knecht, o du mein Gott
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Die Residenz mitsamt angebauter Kapelle in der Außenansicht. Bild: dpa
Der Bau des Bischofshauses auf Limburgs Domberg hat alle Kostenvoranschläge gesprengt. Die Position von Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst wird immer schwieriger.
Am Freitag, dem 4. Oktober, war die Welt in Limburg noch in Ordnung. So jedenfalls demonstrierten das die drei Männer, die kurz vor Beginn des abendlichen Konzertes der Limburger Domsingknaben gemessenen Schrittes durch das Seitenschiff des Domes auf ihre Ehrenplätze zustrebten: vorneweg Paul Rams, Sekretär und Zeremoniar des Bischofs von Limburg, zwei Schritte dahinter Bischof Tebartz-van Elst selbst, einen halben Schritt hinter ihm sein Generalvikar Franz Kaspar. Bald darauf sangen die Knaben zur Musik von Felix Mendelssohn Bartholdy: „Wohl dem, der auf Gottes Wegen geht.“
Franz-Peter Tebartz-van Elst war im Jahr 2008 nach Limburg gekommen. Das Domkapitel hatte den Weihbischof im Bistum Münster nach dem altersbedingten Rücktritt von Bischof Franz Kamphaus zu dessen Nachfolger gewählt. Als der gebürtige Niederrheiner in sein Amt eingeführt wurde, kannte die Vorfreude keine Grenzen. Dem nicht einmal 50 Jahre alten Bischof eilte der Ruf voraus, intelligent, kommunikativ und weltläufig zu sein. Von Umgangsformen, die Personen aus seinem Umfeld heute autistisch nennen, von einem Hang zu Luxus und einer Neigung, es mit der Wahrheit nicht genau zu nehmen, ahnte damals niemand etwas.
Ein Fahrer, der selbst einen Fahrer hat
Gut fünf Jahre später ist die Ordnung nur noch Schein. Der Sekretär und Zeremoniar war bis vor wenigen Monaten auch Fahrer des Bischofs. Dann wurde er während einer Dienstfahrt wegen Trunkenheit am Steuer aus dem Verkehr gezogen. Seither macht unter den Fahrern der anderen Bischöfe das Wort die Runde, der Fahrer des Bischofs von Limburg sei der einzige Fahrer, der einen Fahrer habe – einen kaum mehr als zwanzig Jahre alten ehemaligen Domsingknaben. Der 75 Jahre alte Generalvikar wird sein Amt am 31. Dezember aufgeben, aus Altersgründen, wie es heißt. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung hatte ihn Ende August mit dem Umstand konfrontiert, dass die Ziele, die er auf Interkontinentalreisen in den vergangenen Jahren angesteuert habe, zumeist in Indien, Vietnam und Thailand lagen. Bischof Tebartz van-Elst schließlich sah sich in der vergangenen Woche im Kreis der Pfarrer des Bistums Fragen nach seiner Amts- und Lebensführung ausgesetzt, die man unter gewöhnlichen Umständen als ehrenrührig bezeichnen würde. Doch gewöhnlich ist in Limburg nichts mehr. Die Vorhaltungen wegen eines First-Class-Fluges nach Indien oder auch nach der Finanzierung des Bischofshauses auf dem Limburger Domberg gipfelten in dem Wutausbruch eines Pfarrers, er habe es satt, vom Bischof belogen zu werden.
Dem Vorwurf der Lüge widersprechen würden seit Montag auch nicht mehr die drei Männer, die der Bischof und sein Generalvikar 2010 zu Mitgliedern eines neuen Gremiums zur Kontrolle einer alten Institution beriefen: des Vermögensverwaltungsrats des Bischöflichen Stuhls. Der langjährige Leiter der Hessischen Staatskanzlei Jochen Riebel (CDU), Theodor-Michael Lucas, der Vorstandsprecher der in Köln ansässigen Josefs-Gesellschaft, eines der bundesweit größten kirchlichen Träger von Sozialeinrichtungen, und der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Professor Carl-Friedrich Leuschner sollten über das Vermögen wachen, das dem Amt des Bischofs von Limburg seit seiner Gründung im Jahr 1827 zugewachsen war – so die juristische Dimension. Die kirchenpolitische: Nachdem Bischof und Generalvikar das Domkapitel widerstandslos als Aufsichtsorgan über das (bis heute nicht bezifferte) Vermögen des Bischöflichen Stuhls entmachtet hatten, sollte das neue Aufsichtsgremium sicherstellen, dass Art und Umfang, in dem die Vermögenswerte und Erträge des Bischöflichen Stuhls zur Finanzierung des Bischofshauses auf dem Limburger Domberg herangezogen wurden, der Öffentlichkeit verborgen blieben.
Bis vor wenigen Wochen schien das Gremium seinen Zweck zu erfüllen. Die Instandsetzung der historischen Bausubstanz und der Neubau mehrerer Gebäude verschlangen seit Baubeginn im Jahr 2010 augenscheinlich nicht nur mehr Zeit als geplant. Von den Ausschachtungen durch Felsgestein bis zum hohen Spitzgiebel der sogenannten Kapelle ließ der Aufwand, der auf der mit Planen verhüllten Baustelle vis-à-vis des Limburger Domes getrieben wurde, ahnen, dass der Bischof mehr Geld in die Hand nahm als die zwei Millionen Kirchensteuer und die 3,5 Millionen aus Mitteln des Bischöflichen Stuhls, die offiziell den Kostenrahmen bildeten. Das Bistum wies jeden Zweifel an dem Finanzgebaren mit dem Hinweis zurück, „externe und unabhängige Wirtschaftsfachleute und Juristen“ kontrollierten den Bischöflichen Stuhl. Deren Verhalten wiederum unterläge einer jährlichen „handelsrechtlichen Vollprüfung“ durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. „Kann der Bischof über das Geld frei verfügen?“, hieß die letzte Frage einer Erklärung, die das Bistum am 29. August 2012 veröffentlichte. Die Antwort: „Nein. Das ist schlicht unmöglich.“