Außenminister in der F.A.Z. : Steinmeier regt europäisches Wahlgesetz mit Sperrklausel an
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„Satireparteien sind kein Beitrag zur Demokratie“: Steinmeier im F.A.Z.-Gespräch Bild: F.A.Z.-Foto Daniel Pilar
Als Konsequenz aus dem Einzug verschiedener Splitterparteien ins Europaparlament hat Außenminister Steinmeier die Einführung einer europäischen Sperrklausel angeregt. Im Gespräch mit der F.A.Z. schloss er zudem Sanktionen gegen Russland vorerst aus.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat als Konsequenz aus dem Einzug von diversen Splitterparteien ins Europaparlament die Einführung einer europäischen Sperrklausel vorgeschlagen. „Ich frage mich schon, ob es wirklich für alle Zeiten unzulässig sein soll, über eine Sperrklausel für das Europaparlament nachzudenken“, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Parteien, die sich am Tag nach der Wahl einen Spaß daraus machten, sich publikumswirksam zurückzuziehen, leisteten keinen Beitrag zur Demokratie. Er begründete seinen Vorstoß für ein europäisches Wahlgesetz auch damit, dass er Zweifel habe, „ob der Einzug kleinster monothematischer Gruppierungen ins Europäische Parlament die Repräsentativität der deutschen politischen Landschaft in Straßburg wirklich erhöht“.
Das Bundesverfassungsgericht hatte zunächst die Fünf-Prozent-Hürde und dann die Drei-Prozent-Hürde verworfen, welche der Bundestag in der Folge des ersten Urteils eingeführt hatte. Steinmeier nahm Bezug darauf, dass etwa eine Satire-Partei am vergangenen Sonntag ein Mandat erlangt hatte. Den Einzug der NPD nannte er „politisch ungleich dramatischer“. „Wenn es über das nationale Recht nicht geht, dann wäre zu überlegen, ob man nicht auf europäischer Ebene ein Instrument mit Sperrklauselwirkung schaffen könnte“, sagte er.
Vorerst keine Sanktionen gegen Russland
Im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise und der Frage von echten Wirtschaftssanktionen gegen Russland äußerte Steinmeier die Hoffnung, „dass wir jetzt an einem Punkt sind, an dem wir Entscheidungen über vorbereitete Maßnahmen vermeiden können“. Seine klare Erwartung an Moskau sei, „dass es seine Möglichkeiten einer Einflussnahme auf die unterschiedlichen Separatisten-Gruppen nutzt und gemeinsam mit der neuen ukrainischen Führung das weitere Einsickern von Kämpfern und Waffen über die russisch-ukrainische Grenze unterbindet“. Steinmeier sagte, Europa habe in dieser Krise große Geschlossenheit gewahrt. „Wir haben klare Signale gesetzt und gleichzeitig darauf geachtet, dass wir auch bei einer Erhöhung des politischen Drucks in keinen Automatismus verfallen, der uns in einen Wirtschaftskrieg führen könnte.“
Über Ratschläge, der russische Präsident Wladimir Putin verstehe nur harte Ansagen, sagte Steinmeier: „Es geht doch nicht um die Wahl zwischen Härte und Streicheleinheiten! Stärke und Schwäche sind keine besonders beweiskräftigen Kriterien in der Außenpolitik; worauf es ankommt, ist Klugheit und der Wille, Konflikte nicht zur völligen Unbeherrschbarkeit eskalieren zu lassen. Deshalb geht mir die Kritik an einer angeblichen Schwäche unserer Außenpolitik manchmal schlicht auf die Nerven, weil sich viel zu wenige über die richtige Balance zwischen dem Aufbau politischen Drucks und den notwendigen Instrumenten zur Konfliktentschärfung Gedanken machen“, sagte er. Beides werde aber gebraucht.
„Afghanistan-Präsenz ist nicht endlos“
Zur Ankündigung Washingtons, bis Anfang 2017 alle amerikanischen Truppen aus Afghanistan abzuziehen, sagte Steinmeier, es sei stets klar gewesen, dass eine militärische Präsenz nicht endlos sein werde. Berlin werde Entscheidungen treffen, wenn der neue Präsident Afghanistans mit der Unterzeichnung der Sicherheitsabkommen dafür „den Weg frei gemacht hat“.
Zudem sagte Steinmeier: „Wir sind weiter entschlossen, die Isaf-Mission bis Ende 2014 zu beenden. Zu dem, was danach kommen kann, haben wir nach Beratungen mit unseren Partnern Vorstellungen, etwa was Beratung und Training afghanischer Sicherheitskräfte angeht, vor allem aber die Unterstützung des Wiederaufbaus.“
Das Gespräch mit Außenminister Steinmeier lesen Sie in der Freitagsausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung oder schon am Vorabend ab 20 Uhr in der F.A.Z.-App und als E-Paper.