
Scholz zieht die falsche Lehre aus dem Krieg
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Bundeskanzler Olaf Scholz bei seiner außenpolitischen Grundsatzrede unter der Woche in Prag. Bild: dpa
Der Bundeskanzler plädiert für Mehrheitsabstimmungen in der EU-Außenpolitik. Das wird Europa nicht weiterbringen. Der Kontinent braucht vor allem eine kooperative deutsche Politik.
Als eine der Lehren, die aus dem Ukrainekrieg zu ziehen seien, hat der Bundeskanzler jetzt in einer Grundsatzrede in Prag noch einmal vorgeschlagen, die Einstimmigkeit in der Außenpolitik der EU abzuschaffen. Eigentlich ist das keine neue Forderung, sondern die Bekräftigung eines alten deutschen Standpunkts. Schon vor Putins Überfall war er auf den meisten Sprechzetteln in Berlin zu finden. Es ist klassisch integrationistisch gedacht: Die EU gilt als stärker, wenn die nationalen Regierungen weniger Macht haben und die Brüsseler Institutionen mehr. Noch jede Generation deutscher Europapolitiker hat diesen Glaubenssatz verinnerlicht.
Es ist aber nicht gesagt, dass er auch auf das fordernde Feld der Außenpolitik zutrifft. Im Ministerrat der EU, um den es in dieser Debatte geht, wird schon seit Jahren auf den meisten Politikfeldern mit Mehrheit abgestimmt. Das ist sinnvoll, wenn es etwa um den Außenhandel oder die Agrarpolitik geht, in denen die Kompetenzen weitgehend in Brüssel liegen. Die „Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik“, wie sie amtlich heißt, ist dagegen nicht vergemeinschaftet. Die wichtigsten Instrumente haben die Mitgliedstaaten behalten, vom diplomatischen Dienst bis zum Militär. Es gibt einen Auswärtigen Dienst der EU, aber der kann nicht mal Visa ausstellen. Eine europäische Armee gibt es schon gar nicht.
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