Zensurvorgabe global umgesetzt : Zoom beugt sich China
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Zoom setzt chinesische Zensurvorgaben global um (Archivbild) Bild: AP
Auch künftig will Zoom chinesische Teilnehmer aus globalen Gesprächen ausschließen, wenn die Regierung in Peking dies verlangt. Ein anderes Software-Unternehmen versetzte dem chinesischen Einflussstreben hingegen einen Dämpfer.
China setzt seine Zensurvorgaben zunehmend auch in sozialen Netzwerken jenseits der eigenen Landesgrenzen durch. Das bekamen kürzlich die beiden früheren Studentenführer Zhou Fengsuo und Wang Dan zu spüren, die seit Jahrzehnten in den Vereinigten Staaten leben. Ihre Konten bei der Online-Konferenz-App Zoom wurden gesperrt, nachdem sie eine virtuelle Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Niederschlagung der chinesischen Demokratiebewegung im Jahr 1989 abgehalten hatten. Das Gleiche gilt für den Hongkonger Aktivisten Lee Cheuk-yan, obwohl chinesische Zensurbestimmungen auch in Hongkong nicht gelten.
Eine Erklärung erhielten die drei erst, nachdem Medien darüber berichtet hatten. Das amerikanische Unternehmen Zoom bestätigte am Freitag, es habe nach Aufforderung der chinesischen Regierung drei virtuelle Tiananmen-Mahnwachen beendet und die Konten der Veranstalter gesperrt, weil diese Aktivitäten in China illegal seien. In zwei Fällen sei während der Online-Sitzungen anhand von IP-Adressen „eine bedeutende Anzahl von Teilnehmern vom chinesischen Festland“ festgestellt worden. Im dritten Fall sei das nach einem Hinweis aus Peking für eine frühere Veranstaltung geprüft worden, die von dem betroffenen Konto aus initiiert worden war. Eine vierte Sitzung, die Peking verhindern wollte, fand demnach ungehindert statt, weil sich niemand aus China einwählte.
Das Unternehmen begründete die Sperrung der Konten der drei Aktivisten jenseits des chinesischen Festlandes damit, dass es bisher nicht die technischen Fähigkeiten habe, Teilnehmer auf der Basis ihres Standorts zu blockieren. Diese Lücke solle in den kommenden Tagen geschlossen werden. Der Stellungnahme nach will Zoom also auch künftig chinesische Teilnehmer von globalen Gesprächen ausschließen, wenn die Regierung in Peking dies verlangt. Befürchtungen, dass Gespräche auf Stichworte hin abgehört worden seien, trat das Unternehmen mit dem Hinweis entgegen, dass es von Peking vorab über die Veranstaltungen informiert wurde, die über soziale Netzwerke angekündigt worden seien.
Twitter versetzt dem Einflussstreben einen Dämpfer
Die amerikanische Organisation Humanitarian China, deren Vorsitzender Zhou Fengsuo ist, warf Zoom vor, „sich an der Auslöschung der Erinnerung an das Tiananmen-Massaker mitschuldig zu machen“. Zhou selbst gab bekannt, dass an dem virtuellen Treffen rund 250 Personen teilgenommen hätten, unter anderem Mütter, deren Kinder bei dem blutigen Armeeeinsatz in der Nacht zum 4. Juni 1989 in Peking getötet worden waren. Die Konten der drei Aktivisten in Amerika und in Hongkong wurden erst wieder freigeschaltet, nachdem Medien über ihre Fälle berichtet hatten. Alle drei gaben an, dass Zoom auf entsprechende E-Mail-Anfragen nicht reagiert habe.
Ein anderes amerikanisches Software-Unternehmen versetzte dem chinesischen Einflussstreben hingegen einen kleinen Dämpfer: Twitter löschte mehr als 23.000 Konten, die es als Teil einer koordinierten Einflusskampagne der chinesischen Regierung identifiziert hat. Weitere 150.000 Konten seien gesperrt worden, weil sie als „Verstärker“ für „manipulative und koordinierte Aktivitäten“ genutzt worden seien, teilte Twitter mit. Im Gegensatz zu Zoom ist Twitter im chinesischen Internet gesperrt.
Das Australian Strategic Policy Institute, das die von Twitter bereitgestellten Daten ausgewertet hat, identifizierte vier Hauptthemen unter den von diesen Konten verbreiteten Botschaften: die Proteste in Hongkong, Covid-19, Taiwan und den in Amerika lebenden Milliardär Guo Wengui, der einen Sturz des chinesischen Regimes propagiert. Mit Verweisen auf die Proteste in Amerika versuche China zudem, den Eindruck einer „moralischen Äquivalenz mit der Unterdrückung der Proteste in Hongkong“ zu erwecken.
Die meisten Tweets richteten sich offenbar an die Diaspora. Nach Einschätzung der Forscher war die Kampagne zwar technisch ausgereift. Es habe ihr aber an sprachlicher und kultureller Raffinesse gefehlt. Jedoch sei zu erwarten, dass China seine Vorgehensweise im Laufe der Zeit verfeinern und seine Zielgruppen präziser ansprechen werde. Es gebe Hinweise darauf, dass Peking russische Methoden kopiere, heißt es in dem Bericht der australischen Denkfabrik.