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Folter, Mord, Vergewaltigung : WWF hält heiklen Bericht zurück

  • -Aktualisiert am

WWF-Aktion mit Papier-Pandas in Thailand 2016 Bild: dpa

Ein interner Bericht soll mehrere Fälle schwerster Menschenrechtsverletzungen im kongolesischen Nationalpark Salonga bestätigen. Doch der WWF hält ihn vorerst unter Verschluss. Unterdessen sind weitere Vorwürfe aufgetaucht.

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          Der WWF International will die von ihm selbst veranlasste Untersuchung schwerster Menschenrechtsverletzungen im Salonga-Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo auf unbestimmte Zeit nicht veröffentlichen. Das erfuhr FAZ.NET am Montag von der britischen Rainforest Foundation (RFUK), die den WWF vor Monaten auf die Fälle aufmerksam gemacht hatte. RFUK-Direktor Simon Counsell sprach von einem „Versuch des WWF, die Vorfälle in Salonga zu vertuschen“.

          Angesichts der langen Geschichte von Menschenrechtsverletzungen in vom WWF unterstützten Schutzgebieten in aller Welt will RFUK alle Geldgeber dazu aufrufen, ihre Zahlungen für WWF-Projekte zu überprüfen. Zu den Finanziers des Salonga-Nationalparks gehört auch die deutsche Staatsbank KfW. Sie zahlte bislang 5,4 Millionen Euro für den Park. Der war massiv in die Kritik geraten, als öffentlich wurde, dass Parkwächter einige Bewohner anliegender Dörfer getötet oder grausam misshandelt haben sollen. RFUK hatte die Vorfälle aufgedeckt und den WWF sowie die KfW im Mai 2018 vertraulich von den Anschuldigungen unterrichtet. Seither arbeitete man zusammen, um die Fälle aufzuklären. Bei einem Treffen im Januar in der Frankfurter KfW-Zentrale wurde vereinbart, dass der WWF eine Untersuchung beauftragt. Im Februar bereisten dann zwei Teams die Region, um sechs besonders schlimmen Fällen von Vergewaltigungen, Folter und Tötungen nachzugehen. Die Ermittler befragten Opfer, Zeugen, Hinterbliebene und mutmaßliche Täter.

          Liste der Anschuldigungen wächst

          Laut RFUK bestätigt ihr Bericht im Wesentlichen die Vorkommnisse, die sich zwischen 2002 und 2015/16 ereignet haben sollen. Der WWF International teilte mit, man nehme die Vorwürfe sehr ernst. Man erwarte, dass der Bericht aus dem Februar Teil einer Gesamtuntersuchung sein werde, mit der eine britische Anwaltskanzlei beauftragt ist und deren Ergebnis veröffentlicht werden solle. Bis dahin wolle man die Erkenntnisse mit der kongolesischen Regierung besprechen und notwendige Veränderungen umsetzen. Die KfW, die den WWF-Bericht mitfinanziert hat, und das Bundesministerium für Entwicklungszusammenarbeit haben Bitten um Stellungnahme bis Montagnachmittag nicht entsprochen.

          RFUK beklagt, anders als zunächst vereinbart habe der WWF lediglich angeboten, den Bericht vom Februar unter der Verpflichtung zu strengster Verschwiegenheit einsehen zu können. Simon Counsell sagte FAZ.NET, der WWF habe viele Monate Zeit gehabt, die Vorwürfe zu untersuchen, man habe aber nie verabredet, auf unbestimmte Zeit über die Fälle zu schweigen. „Wir haben dem WWF immer klar gemacht, dass wir eine moralische Verpflichtung gegenüber den Opfern fühlen, die uns ein Mandat erteilt haben, ihre Fälle öffentlich zu machen und ihnen zu helfen, Gerechtigkeit zu finden.“

          RFUK betont, dass es sich bei den sechs im Detail untersuchten Fällen nur um eine kleine Stichprobe handele. Im Laufe der vergangenen Monate kamen mehr Anschuldigungen hinzu. Insgesamt zählt RFUK jetzt allein im Salonga-Nationalpark neun Tötungen, zehn Vergewaltigungen und zwanzig Fälle von Folter oder Misshandlung. Dabei habe man lediglich 11 von fast 700 Dörfern in der Region besuchen können. In einer Umfrage einer Partnerorganisation von RFUK gab ein Viertel von 231 Befragten Einheimischen an, schon einmal selbst von Parkwächtern drangsaliert worden zu sein. Dazu gehören auch unerlaubte Durchsuchungen und Zerstörung von Eigentum. Hintergrund des Konflikts ist, dass für die Schutzzonen viele Menschen von ihrem angestammten Land vertrieben wurden und dass sie sich jetzt nicht mehr ausreichend aus dem Regenwald ernähren können, in dem sie gewöhnlich jagen und sammeln.

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