Präsident auf Reisen : Selenskyj trifft Macron und Scholz in Paris
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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei seiner Rede vor dem britischen Parlament in der Westminster Hall Bild: dpa
Bei seiner Rede in London bedankte sich Selenskyj zuvor für die Unterstützung der Briten. Vor dem Treffen mit König Charles III. erinnert er an dessen Vergangenheit als Kampfpilot. Am Abend wird Selenskyj dann im Elysée erwartet.
Der französische Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) werden am Mittwochabend den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Paris treffen. Das Gespräch findet nach Selenskyjs Besuch in London statt. Dort hatte sich Selenskyj bei einer Rede im britischen Parlament für die Unterstützung Großbritanniens im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg bedankt.
„London stand an der Seite Kiews vom ersten Tag an“, sagte Selenskyj am Mittwoch in London. Er fügte hinzu, das Land habe alle Verbündeten vereint, als dies absolut unmöglich erschien. Explizit bedankte sich der Präsident dabei auch beim früheren Premierminister Boris Johnson, der mehrfach in die Ukraine gereist und zu einem engen Partner Selenskyjs geworden war.
Der ukrainische Staatschef war am Mittwoch überraschend zu einem Besuch in der britischen Hauptstadt eingetroffen. Hunderte Parlamentarier, Journalisten und weitere Menschen hatten sich in der Westminster Hall versammelt, dem ältesten Teil des Parlaments in London. Selenskyj wurde mit großem, andauernden Applaus empfangen. Der Präsident bedankte sich mit Nachdruck für die britischen Waffenlieferungen und zeigte sich zuversichtlich mit Blick auf den Ausgang des Krieges: „Wir wissen: Die Freiheit wird gewinnen! Und wir wissen, dass dieser Sieg die Welt verändern wird. Es wird ein Sieg sein, den die Welt lange gebraucht hat.“
Selenskyj im Buckingham-Palast
Anschließend empfing König Charles III. Selenskyj im Buckingham-Palast. Der König begrüßte den Präsidenten am Mittwochnachmittag herzlich, wie auf Fernsehbildern britischer Sender zu beobachten war. In einer Rede vor dem britischen Parlament hatte Selenskyj die Audienz am Mittwochmittag als Ehre und „besonderen Moment“ bezeichnet.
Das Königshaus hatte bereits zuvor Akzente zur Unterstützung der Ukraine gesetzt: So besuchte König Charles im vergangenen Jahr etwa mit der ukrainischen First Lady Olena Selenska ein Willkommenszentrum für ukrainische Flüchtlinge in London. Die im September gestorbene Queen Elizabeth II. ließ sich kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges vor einem blau-gelben Blumenstrauß ablichten – was nach Ansicht royaler Kommentatoren kein Zufall gewesen sein soll.
Mit Blick auf Charles' Vergangenheit als Kampfpilot, hatte Selenskyj bei seiner Rede vor dem Parlament gesagt: „In Großbritannien ist der König ein Kampfpilot – und in der Ukraine ist heute jeder Kampfpilot ein König.“ Seine Worte verband er mit der abermaligen Bitte zur Lieferung von Kampfflugzeugen. London war immer wieder vorgeprescht, wenn es um die Lieferung noch schwererer Waffen ging und setzte damit die Verbündeten, nicht zuletzt Berlin, unter Druck.
Nach Selenskyjs Rede kündigte Sunak an, prüfen zu lassen, was für Kampfflugzeuge das Vereinigte Königreich theoretisch an die Ukraine liefern könnte. Es handele sich aber um eine „langfristige“ Lösung. Bereits im Frühling könnten die ersten ukrainischen Piloten an NATO-Jets in Großbritannien ausgebildet werden, hieß es weiter. Sunak hatte bisher zurückhaltend auf Forderungen nach einer Lieferung von Kampfjets reagiert, wie sie etwa Ex-Premierminister Boris Johnson erhoben hatte. Selenskyj betonte bei seinem Besuch in London, dass Kampfjets für die Ukraine besonders wichtig seien.
Anlässlich Selenskyjs Besuch kündigte London zudem an, sein Ausbildungsprogramm für ukrainische Soldaten zu erweitern. In den vergangenen sechs Monaten haben rund 10.000 Ukrainer militärische Trainings in Großbritannien durchlaufen, im laufenden Jahr sollen weitere 20.000 hinzukommen. Sunak zufolge sollen künftig auch Kampfpiloten und Marinesoldaten ausgebildet werden.
„Willkommen im Vereinigten Königreich, Präsident Selenskyj“
Der britische Premierminister Rishi Sunak hatte Selenskyj zuvor in London empfangen. „Willkommen im Vereinigten Königreich, Präsident Selenskyj“, schrieb Sunak am Mittwochvormittag auf Twitter. Er teilte ein Foto, auf dem er in einer vertrauten Umarmung mit seinem ukrainischen Gast zu sehen ist. Der Sender Sky News hatte zuvor die Landung des Präsidenten auf dem Londoner Flughafen Stansted live übertragen.
Die erste und bislang einzige öffentlich bekannte Auslandsreise Selenskyjs nach Beginn des russischen Angriffskriegs hatte den Präsidenten kurz vor Weihnachten nach Washington geführt. Großbritannien zählt mit den Vereinigten Staaten und der EU zu den wichtigsten Unterstützern der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland.
In den ersten Monaten des Ukrainekriegs hatte Selenskyj bereits per Videoschalte vor vielen westlichen Parlamenten gesprochen und um Unterstützung für sein Land geworben – so auch vor dem britischen Unterhaus. Auch bei internationalen Gipfeln ist der Präsident regelmäßig virtuell zu Gast.
Nach seinem Besuch in London und Paris wird Selenskyj am Donnerstag in Brüssel erwartet. Bereits am Montag hatte es aus dem Europäischen Parlament geheißen, dass es die „Wahrscheinlichkeit einer außerordentlichen Plenartagung in Anwesenheit des ukrainischen Präsidenten“ gebe. Am selben Tag treffen sich auch die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten in Brüssel zu einem Gipfel. Selenskyj sei eingeladen worden, persönlich an einem Gipfel teilzunehmen, sagte ein Sprecher von EU-Ratspräsident Charles Michel am Montagabend.
Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben nach eigenen Angaben bislang knapp 50 Milliarden Euro für die Ukraine mobilisiert. Zudem wurden gegen Russland zahlreiche Sanktionen verhängt. Auch Großbritannien wollte Russland am Mittwoch weitere Maßnahmen erlassen.