Einmal Teheran–Belgrad und nicht zurück
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Welcome to Belgrad: Passagiere der Fluggesellschaft Iran Air bei ihrer Ankunft in Serbien Bild: Reuters
Um den Tourismus anzukurbeln, hat die Regierung Serbiens die Visumpflicht für Bürger aus Iran aufgehoben. Diese Freiheit wird nun zum Problem: Immer mehr Iraner stellen einen Asylantrag – oder reisen über die Balkanroute in die EU.
Von nichts kommt nichts, aber aus irgendetwas folgt meistens irgendetwas – das ist zwar keine altpersische Redensart, dafür aber eine durchaus akute neuserbische Erfahrung. Im August vergangenen Jahres verkündete die Regierung in Belgrad, dass Serbien, ein EU-Beitrittskandidat, die Visumpflicht für Bürger aus Iran aufgehoben hat – um den Tourismus zu fördern und potentiellen Investoren die Anreise zu erleichtern, wie es seinerzeit hieß. Kürzlich hat die staatliche Fluggesellschaft Iran Air Direktflüge nach Belgrad aufgenommen. Und nun hat Serbien womöglich ein Problem – denn manchen der aus Teheran einfliegenden „potentiellen Investoren“ gefällt es offenbar so gut in dem Balkanstaat, dass sie glatt ihren Rückflug verpassen und dann entweder einen Asylantrag stellen oder über die Balkan-Route nach Deutschland oder Frankreich weiterreisen.
Zu den Ersten, die auf das Phänomen hinwiesen, gehörte Gordan Paunović von der Organisation Info Park – Refugees welcome to Belgrade, die Migranten auf ihrem Weg nach Nordwesteuropa berät. Info Park gab schon vor dem Beginn der Direktflüge aus Teheran eine Erklärung heraus, in der es unter Berufung auf Zahlen des serbischen Innenministeriums heißt, seit dem Beginn der Visaliberalisierung seien mehr als 6000 „iranische Touristen“ nach Serbien gekommen, von denen eine große Zahl nicht in ihr Herkunftsland zurückgekehrt, sondern nach Westeuropa weitergereist sei. Bei einer im Herbst 2017 von Info Park unter Iranern in Belgrad abgehaltenen Umfrage antworteten die meisten Befragten, dass Serbien ihnen als „sicherste und billigste“ Variante erscheine, um nach Westeuropa zu kommen. Die Befragungen zeigten, dass viele der als Touristen eingereisten Iraner ihren Aufenthalt in Belgrad dazu nutzten, „um Verbindungen mit Schmugglern aufzunehmen, die sie über die Grenzen Kroatiens, Bosniens, Ungarns oder Rumäniens an ihre gewünschten Ziele bringen“, heißt es in der Mitteilung von Info Park. Bei den Migranten handele es sich vor allem um junge Paare und junge Männer, die sich als Christen, Homosexuelle oder Oppositionelle deklarierten, während andere angaben, von dem Wunsch nach Teilhabe an Europas Wohlstand motiviert zu sein.
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