Markt in Wuhan: Wie wurde das Coronavirus auf den Menschen übertragen? Bild: Reuters
Die WHO hat in China nach dem Ursprung des Coronavirus gesucht. Leicht wurde es den Wissenschaftlern dabei nicht gemacht.
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Wer gehofft hatte, dass die Welt der Frage nach dem Ursprung des Coronavirus am Dienstag ein Stück näherkommen würde, der wurde enttäuscht. Allerdings war auch kaum zu erwarten gewesen, dass die Delegation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) innerhalb von knapp vier Wochen in Wuhan das Rätsel würde lösen können. Stattdessen präsentierten die Experten in einer zweieinhalb Stunden langen Pressekonferenz im Hilton Optics Valley Hotel in Wuhan Empfehlungen für weitere Recherchen. Zudem gaben sie Einschätzungen über die Wahrscheinlichkeit von vier verschiedenen Szenarien, wie das Virus nach Wuhan gelangt sein könnte.
Für am wenigsten wahrscheinlich halten die Wissenschaftler aus zehn Ländern, dass der Erreger aus dem Hochsicherheitslabor des Wuhaner Instituts für Virologie entwichen sein könnte. Diese Theorie war vor allem von der früheren amerikanischen Regierung vertreten worden. Die Experten bemühten sich, die politisch aufgeladene Diskussion auf wissenschaftliche Fakten zu beschränken. Man wolle von der Debatte des vergangenen Jahres wegkommen, die von „persönlichen Sichtweisen und Gefühlen“ geleitet gewesen sei, sagte der Leiter der WHO-Delegation, Peter Ben Embarek.
Doch auch China machte es der Delegation nicht leicht. Gleich zu Anfang der Pressekonferenz verstieg sich der Sprecher der Nationalen Gesundheitskommission zu der Aussage, der „China-Teil“ der Untersuchung sei nunmehr abgeschlossen. In den vergangenen Tagen hatte Peking immer wieder darauf beharrt, dass die Suche nach dem Ursprung des Virus nun in den Vereinigten Staaten fortgesetzt werden müsse. Bei Embarek klang das anders. Er listete eine ganze Reihe von Feldern auf, in denen weitere Untersuchungen sinnvoll seien. Vor ihm sprach 45 Minuten lang ein anderer: der Leiter der chinesischen Expertengruppe, Liang Wannian. Die Reihenfolge der Redner rief in Erinnerung, dass es sich keineswegs um eine unabhängige WHO-Mission handelt, sondern um eine „gemeinsame Mission“ von 17 chinesischen und 17 internationalen Fachleuten.
Die ersten zwei Wochen ihres Aufenthalts hatten die ausländischen Fachleute im Hotelzimmer verbracht. Sie mussten in Quarantäne. In dieser Zeit sichteten sie unveröffentlichte Daten, die ihnen China zur Verfügung stellte. Anschließend sprachen sie mit Ärzten, die die ersten bekannten Corona-Patienten behandelt hatten, mit Patienten, Wissenschaftlern und Wildtierhändlern. Sie fanden aber auch Zeit, die große Propagandaausstellung zu besuchen, mit der die Kommunistische Partei ihren Sieg über das Virus feiert.
Fledermäuse weiter unter Verdacht
Zu den zentralen Ergebnissen der Mission zählt laut Embarek, dass „wir keine Belege für große Ausbrüche vor Dezember 2019 in Wuhan oder anderswo gefunden haben“. Als Grundlage dafür dienten ihnen unter anderem Patientenakten aus 233 Krankenstationen, Antikörpertests von gelagerten Blutproben, Daten aus Apotheken über den Verkauf fiebersenkender Mittel in den Monaten Juli bis Dezember und Sterblichkeitsstatistiken. Anders als von den Fachleuten erhofft, ist es also nicht gelungen, frühere als die bekannten Infektionsfälle zu finden und den Ausbruch in Wuhan zurückzuverfolgen. Man könne aber nicht sagen, dass es solche Fälle nicht gebe, stellte die niederländische Virologin Marion Koopmans klar.