Westjordanland : Jüdischer Siedler greift israelische Soldaten an
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Zwei Palästinenser (l.) streiten in Huwara mit jüdischen Siedlern - dazwischen israelische Sicherheitskräfte Bild: AFP
Immer häufiger kommt es in den besetzten Gebieten zu Angriffen jüdischer Siedler gegen israelische Sicherheitskräfte und Zivilisten. Die Stimmung vor der Parlamentswahl ist angespannt.
In Israel nimmt die Besorgnis über eskalierende Gewalt jüdischer Siedler im Westjordanland zu. Der Grund ist, dass sich die Attacken in den besetzten Gebieten verstärkt auch gegen israelische Sicherheitskräfte und Zivilisten richten. In der Nacht zum Donnerstag hatten mehrere Dutzend Siedler in dem Ort Huwara palästinensische Autos mit Steinen beworfen.
Als Soldaten hinzukamen, wurden der Kommandeur und ein weiterer Soldat laut Angaben der Armee mit Pfefferspray attackiert. Ähnliches geschah demnach später an einer wenige Kilometer weiter südlich gelegenen Straßenkreuzung. Die Polizei nahm am Morgen einen Verdächtigen fest. Wie später mitgeteilt wurde, lebt er in einer Siedlung und gehört der Armee an.
Zahlreiche Politiker verurteilten den Angriff. Ministerpräsident Jair Lapid sprach auf Twitter von „gefährlichen Kriminellen“, die „ohne zu zögern und mit aller Härte zur Rechenschaft gezogen werden müssen“. Sie gefährdeten das Leben von Soldaten und schadeten Israel, schrieb Lapid. Auch Oppositionsführer Benjamin Netanjahu kritisierte den Angriff, warnte aber davor, „wegen der falschen Handlungen von wenigen“ die gesamte Siedlergemeinschaft zu „beflecken“.
Der populäre rechtsradikale Politiker Itamar Ben-Gvir machte Verteidigungsminister Benny Gantz für die Gewalt verantwortlich. Gantz lasse die „heroischen Siedler“ im Stich. Überdies habe die Armee verschwiegen, dass es vor der Attacke der Siedler Steinwürfe von Palästinensern gegeben habe. In Israel wird am 1. November gewählt.
Regelmäßige Angriffe
Huwara, durch das die Hauptverkehrsstraße im nördlichen Westjordanland führt, ist seit Monaten zu einem Brennpunkt von Siedlergewalt geworden. Rund um den südlich von Nablus gelegenen Ort gibt es mehrere Siedlungen, deren Bewohner als gewaltbereit gelten. Palästinenser in der Umgebung beklagen regelmäßig Angriffe auf ihre Dörfer und Ländereien. Der Armee wird oft vorgeworfen, nicht konsequent gegen die Siedler vorzugehen oder sich sogar mit ihnen zu solidarisieren. Erst Anfang der Woche wurde eine Untersuchung gegen einen Militärpolizisten eingeleitet, der in Huwara auf mehrere palästinensische Häuser gefeuert hatte, nachdem sein Auto mit Steinen beworfen worden war.
Auch anderswo im Westjordanland kommt es immer wieder zu gewaltsamen Übergriffen. Nahe Bethlehem griffen maskierte Siedler am Mittwoch Palästinenser während der Olivenernte an. Dabei wurden auch mehrere israelische Aktivisten verletzt.
Auch die Angriffe von Palästinensern auf Siedler und Sicherheitskräfte im Westjordanland haben zugenommen. Am Mittwochabend erschossen Wächter einen Palästinenser, als er die Zufahrt zur Siedlung Maade Adumim angriff. Es handelte sich um Uday Tamimi, der Anfang Oktober bei einem Angriff auf einen Checkpoint in Ostjerusalem eine israelische Grenzpolizistin erschossen hatte. Er flüchtete sich daraufhin in ein nahegelegenes Flüchtlingslager und hielt sich dort versteckt. Die Armee riegelte das Lager weitgehend ab, was Proteste auslöste. Es gelang ihr bis Mittwochabend jedoch nicht, Tamimi zu fassen. Sowohl die säkulare Fatah als auch die islamistische Hamas reklamierten den 22 Jahre alten Mann nun als Mitglied. Mehrere palästinensische Parteien riefen in Reaktion auf seinen Tod zu Protesten und einem Streik im Westjordanland auf. Am Donnerstagnachmittag kam es an zahlreichen Orten im Westjordanland zu Zusammenstößen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften.