Weltkarte zur UN-Abstimmung : So spaltet Putins Krieg die Welt
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141 UN-Staaten (grün eingezeichnet) fordern Russland in einer Resolution der UN-Vollversammlung vom 23. Februar 2023 zum Rückzug aus der Ukraine auf. Bild: F.A.Z.
141 UN-Staaten fordern Russland zum Rückzug aus der Ukraine auf. Wer bleibt trotzdem an Putins Seite? Und woran liegt es, dass bei einigen früheren Abstimmungen das Ergebnis ganz anders war?
Zum ersten Jahrestag des russischen Angriffskriegs hat die Weltgemeinschaft ein klares Signal der Unterstützung für die Ukraine ausgesendet. 141 von insgesamt 193 Staaten stimmten am Donnerstagabend in der UN-Vollversammlung für eine Resolution, die Frieden in der Ukraine und einen Abzug der russischen Truppen aus dem Land fordert. 32 Staaten enthielten sich, sieben stimmten dagegen. Das Ergebnis ist damit sehr ähnlich wie das vom Oktober 2022, als 143 Staaten den russischen Angriff verurteilten. Zwei Nein-Stimmen von afrikanischen Ländern sind im Vergleich zur damaligen Abstimmung hinzugekommen: eine von Eritrea und eine von Mali, das seine Beziehungen zu Moskau kontinuierlich ausbaut. Ebenfalls mit Nein stimmten – wie schon im Oktober – Russland, Belarus, Syrien, Nicaragua und Nordkorea.
In der mittlerweile sechsten UN-Resolution seit Kriegsbeginn wird ein „umfassender, gerechter und dauerhafter Frieden“ in Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen gefordert. Als Bedingung dafür gilt die Sicherstellung der Souveränität, der Unabhängigkeit und der territorialen Integrität der Ukraine – und damit der Rückzug der russischen Truppen hinter die international anerkannten Grenzen des Landes. Ein detaillierter Plan für Friedensverhandlungen findet sich in der Entschließung allerdings nicht. Ebenso verzichtet sie darauf, in allen Punkten die Verantwortung klar Moskau zuzuschreiben.
Dass die Resolution damit vergleichsweise allgemein formuliert ist, hat gute Gründe. Das vorrangige Ziel in New York war es, zum Jahrestag eine möglichst breite Koalition zur Unterstützung der Ukraine zu schaffen und die Zahl der Gegenstimmen und Enthaltungen gering zu halten. In der Vergangenheit hatte sich allerdings gezeigt: je eindeutiger die Forderungen, desto geringer die Zustimmung der Weltgemeinschaft. An den bisherigen fünf Resolutionen der UN-Vollversammlung zum Ukrainekrieg lässt sich das gut ablesen.
Bei der ersten Abstimmung am 2. März 2022, also kurz nach Beginn des Krieges, stimmten wie am Donnerstag 141 von 193 Staaten für eine Verurteilung des russischen Angriffs auf die Ukraine und den Befehl des russischen Präsidenten Putin, die Abschreckungswaffen der Atommacht in besondere Alarmbereitschaft zu versetzen. Damals votierten sogar nur fünf Länder dagegen: Neben Russland waren das Belarus, Nordkorea, Eritrea und Syrien. 35 Länder enthielten sich.
Ähnlich fiel das Ergebnis bei der zweiten Abstimmung wenige Wochen später aus. Am 24. März forderten 140 Staaten den Schutz der ukrainischen Zivilbevölkerung und deren Zugang zu humanitärer Hilfe. Durch den Beschluss kritisierten sie außerdem die „katastrophale“ humanitäre Situation, die Russland durch seinen Einmarsch geschaffen hatte.
Die dritte, weitaus konkreter formulierte Abstimmung am 7. April fiel dagegen schon sehr viel weniger eindeutig aus. Der Forderung, Russland aus dem UN-Menschenrechtsrat in Genf auszuschließen, stimmten nur noch 93 Länder zu. 24 Länder stimmten dagegen, darunter Russland, China, Kuba, Nordkorea, Iran, Syrien und Vietnam. 58 Staaten enthielten sich.
Auf diesen Rückschlag folgte am 12. Oktober die vierte Resolution, die dank der bislang größten Zustimmung nicht nur von der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock als „historisch“ bezeichnet wurde. 143 Staaten verurteilten damals die völkerrechtswidrigen Annexionen Russlands, fünf Länder stimmten dagegen: Russland, Belarus, Syrien, Nicaragua und Nordkorea. 35 Nationen enthielten sich, darunter – wie schon zuvor – China, Indien, Südafrika und Pakistan.
Nur wenige Wochen später, bei der fünften Abstimmung am 14. November, ging die Kurve dann allerdings wieder nach unten. Nur 94 Staaten stimmten für die Resolution, die konkret forderte, Russland für die Kriegsverbrechen in der Ukraine zur Rechenschaft zu ziehen, einschließlich der Zahlung von Reparationen für die weitreichenden Schäden im Land und für die während des Krieges getöteten und verletzten Ukrainer.
Als Erfolg wurden die bisherigen sechs Abstimmungen im Westen trotz der teils erheblichen Unterschiede aber allesamt gewertet – denn das Ziel einer Zwei-Drittel-Mehrheit erreichten sie jedes Mal. Anders als Beschlüsse des Sicherheitsrates sind die Resolutionen der Vollversammlung allerdings rechtlich nicht bindend. Im Sicherheitsrat hat Russland dafür ein Vetorecht. Abstimmungen in der Vollversammlung kann es nicht blockieren.