Weißrußland : Die große Lukaschenka-Show
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Lukaschenka kandidiert für eine dritte Amtszeit Bild: picture-alliance / dpa/dpaweb
Aleksandr Lukaschenka wird nach der weißrussischen Präsidentenwahl am 19. März wohl seine dritte Amtszeit antreten. Er kann sogar auf den KGB zählen. Gegenkandidaten werden ignoriert oder gar verprügelt.
Auf die offizielle Sendezeit, die ihm als Kandidaten in der Präsidentenwahl zusteht, um das Volk über seine Pläne für eine dritte Amtszeit zu informieren, hatte Aleksandr Lukaschenka dieser Tage großzügig verzichtet. Statt dessen wurde eine neue Folge der Sendung „Duchownaja Wojna“ (Krieg der Ideen) gezeigt. Die machte jedermann deutlich, was Weißrußland drohe, wenn „Batka“ (Väterchen) Lukaschenka nicht mehr am Ruder säße: nämlich noch Schlimmeres, als heute der Irak zu erdulden hat. Am Donnerstag zog Lukaschenka dann selbst vom Leder, und zwar vor der „Volksversammlung“ (narodnoje sobranije), einem informellen Gremium, das sich der weißrussische Alleinherrscher mit einem Erlaß geschaffen hat. Dort lief ein Spektakel „direkter Demokratie“ ab, das selbstverständlich bis in den hintersten Winkel des Landes übertragen wurde.
Oppositionelle „Verschwörer“ werden bekämpft
Die Show vor handverlesenen „Vertretern des Volkes“ soll an diesem Freitag fortgesetzt werden - bis zum krönenden Abschluß, wenn, so die Berichte, alle Teilnehmer einen Kühlschrank als Geschenk erhalten sollten. Darauf kann freilich nicht der oppositionelle Präsidentschaftskandidat Aleksandr Kosulin hoffen. Er wurde laut Agenturberichten von Zivilisten - vermutlich Polizisten ohne Uniform - geschlagen und zu einer Polizeiwache gezwungen, als er gemeinsam mit drei Wahlkampfhelfern versuchte, an der Lukaschenka-Konferenz teilzunehmen.
Seine Sprecherin teilte mit, unter anderen habe ein Polizeikommandeur auf Kosulin eingeprügelt. Sein Anwalt wurde festgenommen. Auch ein Kameramann der Nachrichtenagentur Reuters wurde geschlagen und mußte ins Krankenhaus gebracht werden. Derweil verkündete Lukaschenka vor gewogenem Publikum, daß der KGB angeblich 72 radikaloppositionelle Organisationen aufgedeckt habe. Den „Verschwörern“ seien vorgefertigte Ergebnisprotokolle von Nachwahlbefragungen und Handys abgenommen worden. Am Tag zuvor hatte der KGB bereits angebliche Umsturzpläne der Opposition angeprangert.
Alles soll „noch“ besser werden
Lukaschenka versäumte es wie üblich nicht, dem Westen das moralische Recht abzusprechen, sich für die Einhaltung der Menschenrechte in Weißrußland einzusetzen. Dann folgte die Beschreibung der weißrussischen Wirklichkeit in hellen Farben und das Versprechen, bald werde alles „noch“ besser. Lukaschenka kritisierte die Behörden, als ob sie ihm nicht unterstünden, und versprach die Bekämpfung der Korruption, als ob es keine schwarze Präsidentenkasse gäbe. Der Westen wolle mit vielen Millionen Dollar Weißrußland destabilisieren. Die weißrussischen Staatszeitungen erwähnen meist nicht einmal die Namen der Herausforderer Lukaschenkas bei der Präsidentenwahl.
Die EU hat sich zwar unlängst entschlossen, die Weißrussen über Satellit und das Internet mit unabhängigen Informationen zu versorgen. Die Breitenwirkung ist wegen technischer Probleme aber gering. Der polnische Sender Radio Racja, der ebenfalls versucht, das weißrussische „Wahrheitsministerium“ zu korrigieren, ist nur in Grodno an der Grenze zu empfangen.
Schneller als die Wahlbeobachter
Gegen die Macht der Regierungspropaganda ist es im Land fast unmöglich, etwas auszurichten. Aber Aleksandr Milinkewitsch, der Präsidentschaftskandidat der vereinigten Opposition, tut sein Bestes. Er rief seine Anhänger auf, sich am Donnerstag abend in Minsk auf dem Freiheitsplatz zu versammeln. Eine Wahlkampfveranstaltung sollte es sein, ein Treffen zwischen Wählern und einem Kandidaten.
Sogar unabhängige Meinungsumfragen lassen erkennen, daß Lukaschenka auch bei fairen Wahlen die besten Aussichten auf einen Sieg hätte. Unklar ist darum, warum Lukaschenka unbeirrt daran festhält, auch schon an den Tagen vor dem offiziellen Termin am 19. März wählen zu lassen. Die Wahlurnen werden in diesen Tagen der „vorfristigen Stimmabgabe“ nicht versiegelt, nur durch die Staatsmacht bewacht. Die Wahlbeobachter der OSZE sind dann noch gar nicht im Land.