Gefühlt ganz Sankt Petersburg auf den Straßen: feiernde Russen am Samstag auf dem Musikfest „Rote Segel“ Bild: Imago
Während in Russland die Delta-Variante des Coronavirus um sich greift, werfen die Machthaber den Bürgern jenen Nihilismus vor, den sie selbst vorleben.
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Schöner als Moskau im Winter ist nur Moskau im Sommer. Es ist gerade sehr heiß, auch abends noch, wenn die Sonne die Hochhäuser, den Kreml, die Stadien und die Dunstglocke über der Stadt in warmes Licht taucht. Auf der Moskwa, dem größten Fluss in der russischen Hauptstadt, fahren die Ausflugsboote. Alt und Jung feiern gemeinsam oder auch getrennt, tanzen zu russischen und englischsprachigen Hits. Vom Ufer aus sieht kann man die Passagiere auf den Booten johlen und springen, neulich zum Beispiel zu einer Elektropop-Nummer, deren Refrain dazu aufruft, das Beste aus der Nacht zu machen, „als würden wir jung sterben“. Wer das als makabres Memento mori sieht, fühlt sich wie ein Spaßverderber im Sommertaumel. Masken hängen unter dem Kinn oder werden nicht getragen, als gäbe es Corona nicht.
Dabei sind die offiziellen Infektionszahlen, die stets mit Vorbehalt zu werten sind, seit Anfang Juni dramatisch in die Höhe geschnellt; allmählich wurde klar, dass die sogenannte Delta-Variante um sich greift, die in Russland noch meist als die „indische“ bezeichnet wird. Am vergangenen Freitag ist Russland von Deutschland als Virusvariantengebiet eingestuft worden. Das lässt Deutsche, die in Russland leben, rasch ihre Koffer packen: Da die strenge Quarantänepflicht von 14 Tagen erst an diesem Dienstag in Kraft tritt, als wäre die Delta-Gefahr noch drei Tage gebannt, fliegen viele rasch aus und können den Heimaturlaub noch ohne Quarantäne genießen.
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