Waffenlieferungen an Israel : Droht ein neues Wettrüsten im Nahen Osten?
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Mark Esper und Benny Gantz im September im Pentagon in Washington Bild: AFP
Bei einem Besuch des amerikanischen Verteidigungsministers in Tel Aviv ging es um den Verkauf weiterer Waffen an Israel. Jerusalem soll seinen militärischen Vorteil behalten. Denn die Emirate erhalten moderne Kampfflugzeuge.
Auf seiner Rückreise aus Indien kam Mark Esper für ein paar Stunden zur Zwischenlandung nach Tel Aviv. In Israel besuchte der amerikanische Verteidigungsminister am Donnerstag eine Batterie des Raketenabwehrsystems Iron Dome. Zum dritten Mal im Oktober traf Esper dabei mit Verteidigungsminister Benny Gantz zusammen. Und wieder ging es um den Verkauf weiterer Waffen an Israel, die wiederum eine Kompensation für das Rüstungsgeschäft mit den Vereinigten Arabischen Emiraten sind.
Denn ein Preis der Normalisierung zwischen Israel und den Emiraten ist die Lieferung des modernsten amerikanischen Kampfflugzeugs F-35 an Abu Dhabi, über das im Nahen Osten bisher allein Israel verfügt. Vergangene Woche hatten Gantz und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Israels Zustimmung zu dem Geschäft in einer gemeinsamen Mitteilung bestätigt. Ein amerikanisches Gesetz soll Israel einen „qualitativen militärischen Vorteil“ in der Region garantieren, weswegen Tel Aviv eine Mitsprache bei derartigen Geschäften erhält.
Netanjahu wiederum bestritt in einer gesonderten Stellungnahme, dass das F-35-Geschäft Teil des Abkommens mit den Emiraten sei, weshalb Gantz seinerseits den Ministerpräsidenten der Lüge zieh: „Nach Unterzeichnung des Normalisierungsabkommens mit den Vereinigten Arabischen Emiraten bemerkte der Verteidigungsminister, dass parallel über den Verkauf fortschrittlicher Waffen verhandelt wurde – eine Tatsache, die den beteiligten israelischen Vertretern (lies: Netanjahu) bekannt war, aber dem Verteidigungsministerium verborgen blieb.“ Diese Episode zeigt nicht nur, wie zerstritten Israels Regierung selbst im Angesicht historischer strategischer Veränderungen auftritt. Sondern auch, wie heikel das Rüstungsgeschäft ist.
„Das Problem sind nicht die Emirate, sondern was die anderen arabischen Staaten bekommen“, sagte der frühere General Amos Gilead der Zeitung „Jediot Acharonot“. Energieminister Juval Steinitz nannte sodann die Kandidaten: Saudi-Arabien und Qatar. „Ich habe keinen Zweifel, dass, wenn sie es wollen und bereit sind zu zahlen, sie es (die F-35) früher oder später bekommen“, sagte Steinitz, der im israelischen Sicherheitskabinett sitzt. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters hat Qatar eine entsprechende Anfrage in Washington bereits gestellt. Das mit Tarnkappentechnik ausgerüstete Flugzeug gilt als Waffensystem, das jedem anderen Kampfflugzeug um ein Vielfaches überlegen ist.
Ein Wettrüsten wäre kein Präzedenzfall
Der bis 2017 amtierende amerikanische Botschafter in Tel Aviv, Daniel Shapiro, kritisierte denn auch, die Trump-Regierung gefährde durch den F-35-Deal die militärtechnische Überlegenheit Israels. Im „Miami Herald“ schrieb Shapiro von einem „Quidproquo mit den Emiraten“, über das Washington nicht ausreichend mit israelischen Militärexperten gesprochen habe. Um Israels Vorteil aufrechtzuerhalten, verhandeln Esper und Gantz nun über zusätzliche Waffen für Israel. Berichten zufolge ist Washington bereit, Israel ein weiteres Geschwader von F-35 zu verkaufen, dazu F-15-Flugzeuge, weitere Hubschrauber sowie präzisionsgelenkte Munition. Zuletzt war noch von der schwersten konventionellen Bombe „Bunker Buster“ die Rede, deren Einsatz gegen im Gebirge verbunkerte Nuklearanlagen in Iran in Frage kommt.
Im Nahen Osten könnte also ein neues Wettrüsten beginnen. Es wäre kein Präzedenzfall. Nach dem Friedensabkommen zwischen Israel und Ägypten 1979 hatte Kairo umfangreiche Militärhilfen aus Washington bekommen, während Jordanien nach dem Frieden von 1994 das Kampfflugzeug F-16 erhielt. Ein ähnliches Vertrauen legt Donald Trump nun in die Hände Abu Dhabis. „Eine Biden-Regierung müsste sich sehr genau anschauen, was alles zum Deal gehört“, sagte der außenpolitische Berater des demokratischen Kandidaten, Tony Blinken, am Mittwoch dem Portal „Jewish Insider“. „Ich hoffe sehr, dass Trump nichts überstürzt und den Kongress nicht umgeht.“