Mehr Vorteile für Geimpfte : Frankreich führt Gesundheitspass ein
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Demonstration gegen die Einführung eines Gesundheitspasses in Lille am 17. Juli Bild: dpa
Wer in Frankreich ein Restaurant betreten oder mit Bus und Bahn fahren will, muss künftig mindestens eine Impfung oder ein negatives Testergebnis nachweisen. Der Beschluss des Parlaments ist ein Erfolg für Präsident Macron.
Mit einem „Weiter-So“-Aufruf hat Präsident Emmanuel Macron den neuen Impfboom in Frankreich begrüßt. Am Montag wurde die symbolische Schwelle von 40 Millionen Erstimpfungen überschritten. Zugleich weitet die Regierung die Vorteile für Geimpfte aus. Der Vermittlungsausschuss des Parlaments hat sich auf den verpflichtenden Gesundheitspass für Restaurants, Cafés, Bars und Fernreisen in Bahn, Bus und Flugzeug geeinigt.
Die Nationalversammlung verabschiedete das Gesetz in zweiter Lesung in der Nacht zum Montag mit einer Mehrheit von 156 Stimmen bei 60 Gegenstimmen und 14 Enthaltungen. Jetzt muss nur noch der Verfassungsrat das Gesetz prüfen, bevor es voraussichtlich Anfang August in Kraft treten kann. Die Entscheidung des Verfassungsrats wird am 5. August erwartet.
Die Einigung ist ein politischer Erfolg für Präsident Macron, der in einer Ansprache an die Nation am 12. Juli einen ehrgeizigen Zeitplan für die neuen Corona-Regeln gesetzt hatte. Die rechtsbürgerliche Mehrheit im Senat hat sich angesichts der verschlechterten Infektionslage weitgehend dem Willen des Präsidenten gebeugt. „Uns ist bewusst, wie gravierend die Gesundheitslage ist. Zum vierten Mal in Folge erleben wir ein Aufflammen der Covid-Epidemie.“ Das begründe die Ausnahmemaßnahmen, sagte der rechtsbürgerliche Senator Philippe Bas (LR).
Der Präsident der Nationalversammlung, Richard Ferrand, lobte „das Verantwortungsbewusstsein der Parlamentarier, um die Franzosen zu schützen“. Künftig müssen Franzosen und Urlauber einen Gesundheitspass vorweisen, in dem der Nachweis über vollständige Impfung, einfache Impfung bei Genesenen oder ein negatives Testergebnis abgelegt wird. Die Senatoren setzten durch, dass die Regel für Minderjährige erst vom 30. September an in Kraft tritt. Zunächst war eine Einführung für Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren Ende August vorgesehen.
Gehaltskürzungen bei Impfverweigerung
Auch die Sanktionen bei Verstößen gegen die Impf- und Gesundheitspasspflicht für Beschäftigte wurden durch die rechtsbürgerliche Senatsmehrheit abgemildert. Das Pflegepersonal in Krankenhäusern und anderen Pflegeeinrichtungen muss keine Kündigung mehr fürchten, wenn es sich der Impfpflicht widersetzt. Stattdessen sieht das beschlossene Gesetz Gehaltskürzungen bis zur Aussetzung des Gehalts vor, wenn die Betroffenen nicht in einem Zeitraum von zwei Monaten die erste Impfung erhalten.
Für Personal in Einrichtungen mit Publikumsverkehr wurden die Sanktionen im Fall des Nichtvorlegens des Gesundheitspasses entschärft. Entlassungen sind künftig nicht wie ursprünglich vorgesehen möglich. Stattdessen müssen Beschäftigte mit Gehaltseinbußen rechnen, wenn sie keinen Gesundheitspass vorweisen können.
In großen Supermärkten und Einkaufszentren müssen der Impfnachweis oder das negative Testergebnis nicht vorgezeigt werden. Das Gesetz sieht indessen vor, dass der Gesundheitspass eingeführt werden kann, wenn der jeweilige Präfekt dies angesichts der Infektionslage für nötig erachtet. Sowohl am rechten wie am linken Parteienrand stößt das Gesetz auf Ablehnung.
Der Präsidentschaftskandidat der Linkspartei, Jean-Luc Mélenchon, warnte in der Nationalversammlung: „Der Gesundheitspass ist ein autoritärer Pass.“ Die Kontrollen seien da, um „die widerspenstigen Gallier zu zähmen“. Der Gesundheitspass gehe mit sozialer Diskriminierung einher, beklagte Mélenchon. Auch Marine Le Pen lehnt den Gesundheitspass ab. Sie warf der Regierung vor, unehrlich zu sein, weil sie um fünf Uhr morgens über wichtige Änderungsanträge habe abstimmen lassen. Am Wochenende hatten in ganz Frankreich mehr als 160.000 Menschen gegen die neuen Corona-Regeln demonstriert.