Verteidigungsministertreffen : Nato bekräftigt Verbleib in Afghanistan bis Ende 2014
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Die Nato hat am Donnerstag versucht, dem Eindruck entgegenzutreten, dass nach Frankreich auch die Vereinigten Staaten früher als geplant aus Afghanistan abziehen wollen. Nato-Generalsekretär Rasmussen hob nach einer Sitzung der Verteidigungsminister in Brüssel hervor, dass der bisherige Zeitplan in Kraft bleibe, der eine Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die Afghanen bis Ende 2014 vorsieht. Es gelte weiterhin der Grundsatz: zusammen rein, zusammen raus. Für die deutsche Beteiligung sagte Verteidigungsminister De Maizière, dass bis Ende 2014 eine „angemessene Truppenstärke“ notwendig sei.
Der amerikanische Verteidigungsminister Panetta sagte zwar ebenfalls, dass die vor etwas mehr als einem Jahr in Lissabon vereinbarte Strategie mit Enddatum 2014 weiter gelte. Er wies aber zugleich darauf hin, dass vorgesehen sei, von Mitte 2013 an den Übergang von Kampf- zu Ausbildungs- und Unterstützungseinsätzen zu schaffen, weil dann die letzten Gebiete an die Afghanen übergeben würden. Er bezeichnete 2013 als ein „entscheidendes Jahr“. Rasmussen wollte sich nicht darauf festlegen, wann genau der Kampfeinsatz beendet werde. Der weitere Zeitplan für die Übergabe an die Afghanen solle auf dem für Mai angesetzten Nato-Gipfel in Chicago entschieden werden. Kampfeinsätze werde es allerdings während der gesamten Phase der Übergabe noch geben.
Sarkozy will schon 2013 seine Truppen abziehen
Nach einem Anschlag auf französische Soldaten hatte Präsident Sarkozy kürzlich einen früheren Abzug der französischen Truppen angekündigt. Er will nun bis Ende 2013 statt bis Anfang 2014 in dem Land bleiben. Panetta sagte, er verstehe diese französische Entscheidung, hoffe aber, dass ein Weg gefunden werde, das Land wieder auf die Strategie von Lissabon zu verpflichten. Unter den Verteidigungsministern der 28 Verbündeten herrschte dem Vernehmen nach Einvernehmen darüber, es beim Zieldatum 2014 zu belassen. Der französische Minister habe sich sehr zurückgehalten, berichteten Diplomaten. De Maizière sagte, er verfolge die Diskussion über 2013 „mit Erstaunen“. Die Schutztruppe Isaf umfasst derzeit 130 000 Soldaten, von denen 90 000 von den Vereinigten Staaten gestellt werden.
In Lissabon hatten die Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten vereinbart, die Sicherheitsverantwortung bis Ende 2014 schrittweise abzugeben. In bisher zwei Runden wurden bereits 21 von 34 Provinzen an die Afghanen übergeben, wobei der Prozess in acht Provinzen abgeschlossen ist. In den 21 Provinzen lebt die Hälfte der afghanischen Bevölkerung. Die letzte Tranche dieses Prozesses ist für Mitte 2013 geplant. Danach könnte die Nato theoretisch ihre Kampfbemühungen auslaufen lassen. Für den Vollzug sind jeweils 12 bis 18 Monate vorgesehen, so dass sich daraus ein rechnerisches Ende des Kampfeinsatzes für Ende 2014 ergibt. Die Allianz will dem Land auch danach noch beratend zur Seite stehen.
In den Vereinigten Staaten wurde Panettas Hinweis auf 2013 von führenden Politikern der Republikaner kritisiert. Der derzeit favorisierte Präsidentschaftskandidat Romney sagte bei einer Wahlkampfveranstaltung in Nevada, der Schritt gefährde die amerikanische Mission und stelle „unser Bekenntnis zur Freiheit“ in Frage. Panetta habe das Ende des Kampfeinsatzes so verkündet, „dass es die Taliban, die Afghanen und die Pakistaner deutlich hören können“, sagte Romney und fügte hinzu: „Warum um alles in der Welt würde man den Leuten, gegen die man kämpft, den Zeitpunkt nennen, an dem man die Kampftruppen abzieht?“ Die Entscheidung sei „absolut sinnlos“ und ein „Zeugnis der Naivität“ der Regierung von Präsident Obama.
Romney versprach zudem die Erhöhung der Mannschaftsstärke von Heer und Marinekorps um 100.000 Mann statt deren von Obama vorgesehene Reduzierung um diese Zahl. Auch der republikanische Vorsitzende des Streitkräfteausschuss im Repräsentantengaus McKeon kritisierte die Ankündigung Panettas als „verfrüht“. Man hätte zunächst den Verlauf der Kampfsaison in Afghanistan im Frühjahr und im Sommer abwarten und zunächst genau die Kampfkraft der afghanischen Truppen in den bereits übergebenen Regionen und Provinzen beobachten und bewerten müssen, sagte McKeon.
Das führende demokratische Mitglied des Ausschusses Smith nannte das von Panetta genannte Ziel dagegen „angemessen“. Der unabhängige Senator Lieberman, der faktisch zur Fraktion der Demokraten gehört, teilte mit, es gebe „keinerlei militärischen Grund für die plötzliche Änderung des Zeitplans und einen beschleunigten Abzug“. Entscheidungen über den Einsatz sollten „auf Grundlage der Entwicklungen in Afghanistan und nicht nach der politischen Laune in Washington“ getroffen werden.