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NATO-Verteidigungsausgaben : Deutschland verfehlt Zwei-Prozent-Ziel deutlich

Jens Stoltenberg am 21. März in Brüssel Bild: Reuters

Sieben Länder wendeten 2022 mehr als zwei Prozent ihrer Wirtschaftskraft für Verteidigung auf. Deutschland kam trotz „Zeitenwende“ nur auf 1,49 Prozent. Jetzt erhöht der NATO-Generalsekretär den Druck.

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          Deutschland hat das Zwei-Prozent-Ziel der NATO auch im Jahr der „Zeitenwende“ deutlich verfehlt. Gemäß einer am Dienstag vorgelegten Aufstellung der Allianz betrugen die Verteidigungsausgaben 2022 lediglich 1,49 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, nach 1,46 Prozent (2021) und 1,51 Prozent (2020). Von den dreißig Mitgliedstaaten wendeten 17 im Verhältnis zu ihrer Wirtschaftsleistung mehr Geld für Verteidigung auf als Berlin. Sieben Staaten lagen über der Schwelle von zwei Prozent, die sich die Allianz nach der russischen Annexion der Krim 2014 als Richtwert gesetzt hatte: Griechenland, die Vereinigten Staaten, Litauen, Polen, das Vereinigte Königreich, Estland und Lettland (in dieser Reihenfolge).

          Thomas Gutschker
          Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.

          „Wir bewegen uns in die richtige Richtung, aber wir bewegen uns nicht so schnell, wie es die gefährliche Welt erfordert, in der wir leben“, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Es sei klar, dass man mehr tun müsse. Er bekräftigte seine Forderung, beim Gipfeltreffen der Allianz im Juli das Zwei-Prozent-Ziel ab 2024 als neue Untergrenze festzuschreiben. Dafür könne man sich nicht zehn Jahre Zeit nehmen, es müsse „sofort“ in Kraft treten. „Ich erwarte, dass die Mehrzahl der Verbündeten sehr schnell bei zwei Prozent sein kann“, sagte Stoltenberg. Zu Deutschland äußerte er, dass es sich dem Zwei-Prozent-Ziel verpflichtet habe und sich schon der bisherige Anstieg der Ausgaben bemerkbar mache.

          Berlin kam auf 19,9 Prozent

          Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hatte sich beim letzten Ministertreffen der Allianz für zwei Prozent als neue Untergrenze ausgesprochen. Bundeskanzler Olaf Scholz, ebenfalls SPD, hatte in seiner Rede nach dem russischen Überfall auf die Ukraine ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro angekündigt und gesagt: „Wir werden von nun an Jahr für Jahr mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren.“ Bei der Münchner Sicherheitskonferenz schränkte er dies im Februar jedoch wieder ein und versprach lediglich, diese Ausgaben „dauerhaft auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben“. Für das laufende Jahr wird ein Anstieg der Ausgaben erwartet, weil ein höherer Teil des Sondervermögens ausgegeben wird; im Vorjahr waren es nur 300 Millionen Euro. Um den Verteidigungsetat 2024 ringt die Regierungskoalition noch.

          Gemäß den NATO-Angaben, die auf einer standardisierten Berechnungsmethode beruhen und für 2022 vorläufig sind, verfehlte Deutschland auch das zweite Ausgabenziel, nämlich mindestens 20 Prozent für Ausrüstung aufzuwenden. 26 Mitgliedstaaten lagen über dieser Zielmarke, Berlin kam auf 19,9 Prozent. Insgesamt sind die Verteidigungsausgaben aller Bündnispartner um 2,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Wie stets entfiel der Löwenanteil auf die Vereinigten Staaten, die 70 Prozent der Gesamtausgaben bestritten. In absoluten Zahlen gemessen, verzeichnete Deutschland nach den USA und dem Vereinigten Königreich mit umgerechnet 53,9 Milliarden Dollar die dritthöchsten Ausgaben.

          NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bei einem Treffen Mitte Februar.
          NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bei einem Treffen Mitte Februar. : Bild: AP

          Stoltenberg kündigte an, dass er beim nächsten Außenminister-Treffen im April auch wieder die NATO-Ukraine-Kommission einberufen werde. Der Generalsekretär machte deutlich, dass er sich damit über Budapest hinwegsetzt, das Treffen seit 2017 wegen eines Streits über die ungarische Minderheit in der Ukraine blockiert hat.

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