Wie Keyser in West Virginia zu „Trump country“ wurde
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Trostlose Aussichten: Ein Minenarbeiter in Welch in West Virginia im Mai 2016 vor seiner Schicht in einem nur einen guten Meter hohen Stollen Bild: AP
Keyser in West Virginia war früher fest in Demokratenhand. Heute stehen die Menschen fest zu Trump. Der Strukturwandel und die Opioid-Krise haben ihnen schwer zugesetzt. Präsident Biden will um sie kämpfen.
Das „Royal“ in der Mainstreet von Keyser gibt es seit 1904. Wer das Restaurant in der Kleinstadt in West Virginia betritt, taucht in die Fünfzigerjahre ein. An der Wand hinter der hellblauen Theke und den kunstlederbezogenen Barhockern hängen Bilder von Marilyn Monroe, James Dean und Elvis. Und eine alte E-Gitarre. Hier wird nicht etwa die alte Zeit mit Vintage-Möbeln zelebriert. Die Zeit ist einfach stehen geblieben. Fast jedenfalls: Die Kellnerinnen tragen keine adretten Petticoats mehr. Dafür aber martialische Hals-Tattoos.
Das „Royal“ ist das Kommunikationszentrum des Ortes. Mittags isst der Bürgermeister hier seinen Joghurt mit eingelegten Pfirsichen. Damon Tillman hatte vor vier Monaten einen schweren Herzinfarkt. Seither verzichtet er auf Pastrami-Sandwiches. Der 51 Jahre alte, schwergewichtige Mann begrüßt ein paar ältere Herren am Nachbartisch, die in Jeanshosen und Holzfällerhemden ihr Root Beer trinken. „Das sind knallharte Demokraten“, sagt er, „richtige Linke.“ „Klar“, erwidert einer in der Runde. „Ich bin der Meinung, dass man nicht arbeiten muss. Der Staat soll das Geld einfach verteilen.“ Dann grinst er ironisch. Er ist natürlich kein Linker, sondern Republikaner. Wie auch der Bürgermeister. Und zwei Drittel des Ortes. „Wir sind ,Trump country‘“, sagt Tillman, „heutzutage jedenfalls.“
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