Finanzskandal : Vatikan finanziert Elton-John-Film
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Elton John und der Schauspieler Taron Egerton im Mai in Cannes Bild: AP
Der Vatikan soll Einnahmen aus dem sogenannten Peterspfennig in einem Investmentfonds angelegt haben, der unter anderem in den Film „Rocketman“ investiert hat – eine Biographie des schwulen Sängers Elton John.
Im vatikanischen Finanzskandal um die Verwendung von Spendengeldern sind neue Details bekannt geworden. Demnach ermittelt die Staatsanwaltschaft des päpstlichen Staates auch wegen einer Beteiligung des vatikanischen Staatssekretariats an einem Investmentfonds, der unter anderem die Produktion des Films „Rocketman“ über das Leben des homosexuellen Pop-Sängers Elton John mitfinanziert hat. Wie die italienische Tageszeitung „Corriere della Sera“ am Mittwoch unter Berufung auf „mehrere zuverlässige Quellen“ berichtete, handelt es sich hierbei um den „Centurion Global Fund“ mit Sitz in Malta.
Zwei Drittel der rund 70 Millionen Euro des Fonds stammen laut dem Bericht aus einer Kasse des vatikanischen Staatssekretariats, in die auch die Einnahmen aus dem sogenannten Peterspfennig geflossen sind, einer jährlichen Kollekte für den Papst. An der Spitze des Fonds steht laut dem Bericht der Italiener Enrico Crasso, ein früherer Mitarbeiter der Bank Credit Suisse, der schon seit längerem mit der Verwaltung vatikanischen Geldes betraut ist.
Papst verteidigt Immobilieninvestition
Der „Centurion Global Fund“ investierte unter anderem eine Million Euro in die Produktion von „Rocketman“ und weitere 3,3 Millionen Euro in die Produktion von „Men in Black International“. Zudem kaufte der Fonds für 16 Millionen Euro den italienischen Sitz des Konzerns ABB. Weitere vier Millionen flossen in ein römisches Ingenieurbüro. Nach welchen Kriterien diese Investitionen getätigt wurden, ist unklar. Fest steht aber, dass der Fonds im Jahr 2018 einen Verlust von 4,6 Prozent machte, das sind rund zwei Millionen Euro. Der Vatikan selbst teilte dazu mit, es seien derzeit Ermittlungen im Gange, um „die Position des Heiligen Stuhls gegenüber dem erwähnten Fonds sowie eventuellen weiteren Fonds zu klären“.
Schon vor einigen Wochen war bekanntgeworden, dass die vatikanische Staatsanwaltschaft wegen einer Investition des Staatssekretariats in eine Londoner Immobilie in dreistelliger Millionenhöhe Ermittlungen aufgenommen hat. Auch in diesem Fall sollen Einnahmen aus dem Peterspfennig verwendet worden sein. Die Ermittlungen richten sich gegen fünf Angestellte des Vatikans, unter ihnen den Direktor der vatikanischen Finanzaufsicht AIF, Tommaso Di Ruzza, der von seinem Amt suspendiert wurde. Die vatikanische Staatsanwaltschaft durchsuchte Büros der AIF und des Staatssekretariats. Papst Franziskus verteidigte im Grundsatz den Kauf einer Londoner Immobilie mit Einnahmen aus dem Peterspfennig in der vergangenen Woche, sollte es dabei allerdings zu Korruption gekommen sein, sei das nicht abzulehnen. Eine gute Verwaltung, erklärte der Papst, lege die Einnahmen aus dem Peterspfennig nicht „in die Schublade“, sondern lege das Geld an, sagte er am Dienstag während des Rückflugs von seiner Reise nach Thailand und Japan.
Was ist der Peterspfennig?
Der Peterspfennig ist eine der wichtigsten Einnahmequellen des Vatikans, der keine Steuern erhebt und mehr als 4000 Angestellte bezahlen muss. Als „Peterspfennig“ wird die Kollekte bezeichnet, die anlässlich des Festes Peter und Paul am 29. Juni alljährlich in Gottesdiensten auf der ganzen Welt durchgeführt wird. Mittlerweile sind auch das ganze Jahr über online Spenden möglich. 2016, dem letzten Jahr, für das offizielle Angaben vorliegen, nahm der Vatikan durch den Peterspfennig 78 Millionen Dollar ein. Der Löwenanteil stammt traditionell aus den Vereinigten Staaten. Wie eine Anfrage der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bei allen 27 deutschen Bistümern ergab, überwiesen diese zuletzt zusammengerechnet jährlich jeweils einen Betrag zwischen ein und zwei Millionen Euro als Peterspfennig an die Apostolische Nuntiatur des Heiligen Stuhls in Berlin. Die Einnahmen aus der Kollekte selbst machen hiervon rund die Hälfte des überwiesenen Geldes aus, die andere Hälfte wird von den Bistümern dazugegeben.
Der Vatikan hatte bereits vor vier Jahren nach dem Bekanntwerden interner Dokumente zugeben müssen, dass der Peterspfennig nicht nur für wohltätige Zwecke des Papstes verwendet wird, sondern auch, um Löcher im vatikanischen Haushalt zu stopfen. Er verwahrte sich allerdings gegen den Vorwurf, dass dies eine Zweckentfremdung darstelle und die Gläubigen sich darüber nicht im Klaren seien. Für das Jahr 2016 teilte er dann zum ersten und bislang einzigen Mal mit, dass nur 24 der insgesamt 78 Millionen Dollar, die der Peterspfennig in diesem Jahr eingebracht hatte, für wohltätige Zwecke des Papstes verwendet worden seien. Auf der Internetseite des Vatikans wird der Peterspfennig bis heute als „Geste der Brüderlichkeit“ beschrieben, mit der „jeder Gläubige sich an der Unterstützung des Papstes für die Armen und für kirchliche Gemeinden in Schwierigkeiten beteiligen kann“. Einige Hilfsprojekte werden vorgestellt, etwa für ein Flüchtlingslager auf der Insel Lesbos oder ein Kinderkrankenhaus in der Zentralafrikanischen Republik; auf Verwendungen der Spenden für andere Zwecke wird auf der Internetseite nicht hingewiesen.