https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/usa-schwarzer-stirbt-in-amerikanischer-psychiatrie-18755061.html

Foltervorwürfe gegen Polizei : Schwarzer stirbt in amerikanischer Psychiatrie-Klinik

Angehörige und Anwälte des getöteten Schwarzen Irvo Otieno am Donnerstag in Dinwiddie Bild: dpa

Abermals gibt es in Amerika Vorwürfe gegen Polizisten. Sie sollen einen Schwarzen so lange zu Boden gedrückt haben, bis er erstickte – obwohl er an Händen und Füßen fixiert war.

          2 Min.

          Nach dem Tod eines jungen Schwarzen in einer psychiatrischen Klinik im amerikanischen Bundesstaat Virginia sind neben sieben Polizeibeamten auch drei Krankenhausmitarbeiter wegen Totschlags angeklagt worden. Das teilte die Staatsanwaltschaft des Dinwiddie County am Donnerstag mit. Sie sollen am kommenden Dienstag vor einem Geschworenengremium aussagen.

          Sofia Dreisbach
          Politische Korrespondentin für Nordamerika mit Sitz in Washington.

          Der 28 Jahre alte Irvo Otieno war laut Staatsanwaltschaft in der vergangenen Woche „während des Aufnahmeprozesses“ in der Klinik gestorben. Die Mutter des Patienten, Caroline Ouko, warf den Beamten am Donnerstag vor, ihren Sohn gefoltert zu haben.

          Ouko waren von der Staatsanwaltschaft zuvor Videoaufnahmen aus der Klinik und dem Gefängnis gezeigt worden. Die Szenen der Aufnahme in das Krankenhaus sollen zeigen, wie Otieno, der Handschellen und Fußfesseln trägt, von sieben Polizeibeamten zwölf Minuten lang auf den Boden gedrückt und wie ihm von zwei Beamten mit einem Knie am Hals die Luft abgeschnürt wird.

          Aus der Klinik ins Gefängnis verlegt

          „Was ich heute gesehen habe, war herzzerreißend“, sagte Ouko. „Eine psychische Erkrankung sollte kein Todesurteil sein.“ Es habe die Chance bestanden, ihren Sohn zu retten und die Tat zu stoppen. Otieno sei „schlechter als ein Hund“ behandelt worden. Die zuständige Staatsanwältin Ann Cabell Baskervill hatte am Mittwoch geäußert, die Aufnahmen aus der Klinik seien „extrem offensichtlich“ und „extrem alarmierend“. Otieno sei infolge des Handelns der Beamten erstickt; zu diesem Schluss kam auch der vorläufige Bericht der Gerichtsmedizin.

          Otieno, der laut seiner Familie schon länger psychische Probleme hatte, war am Nachmittag des 6. März aus bislang unbekannten Gründen aus dem Gefängnis in Henrico County in die Klinik gebracht worden. Um 19.28 Uhr kam der Anruf bei der Polizei, die seinen Tod untersuchen sollte.

          Nach Angaben der örtlichen Polizei war der Mann drei Tage zuvor wegen des Verdachts auf Diebstahl festgenommen worden und wegen seines psychischen Zustands zunächst in demselben Krankenhaus untersucht worden, in dem er später starb. Weil er  „aggressiv“ gegenüber den Beamten geworden sei, sei er schließlich ins Gefängnis verlegt worden.

          Laut dem Anwalt der Familie zeigen schon Videoaufnahmen aus dem Ge­fängnis eine unmenschliche Behandlung. So habe Otieno zu einem Zeitpunkt nackt auf dem Boden seiner Zelle gelegen, um ihn herum Fäkalien. Bei der Überstellung in die psychiatrische Klinik habe man ihn „wie ein Tier an den Armen und Beinen in ein Fahrzeug getragen“.

          Der zweite Anwalt der Familie, Ben Crump, hatte auch die Familie George Floyds vertreten. Der Tod des jungen Schwarzen bei einer Polizeikontrolle in Minneapolis im Jahr 2020 hatte zu heftigen Protesten gegen Polizeigewalt gegen Schwarze in den Vereinigten Staaten geführt. Auch in diesem Fall hatten Beamte minutenlang auf Floyds Hals gekniet.

          Crump sagte am Donnerstag, das Video Otienos  aus der Klinik sei ein Beweis dafür, „wie unmenschlich Strafverfolgungsbeamte Menschen in einer psychischen Krise als Kriminelle behandeln anstatt  als Menschen, die Hilfe benötigen“.

          Weitere Themen

          Topmeldungen

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.