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Budapest : Stimmabgabe um mehrere Stunden verlängert

Wahlabend in Ungarn: Lange Schlange vor einem Wahllokal in Budapest Bild: EPA

Bei der Parlamentswahl in Ungarn zeichnet sich eine hohe Wahlbeteiligung ab. Das könnte Ministerpräsident Orbáns national-konservativer Partei Fidesz die parlamentarische Mehrheit kosten. Muss er um seine Macht bangen?

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          Bei der Parlamentswahl in Ungarn, bei der es um eine mögliche weitere Amtszeit für Ministerpräsident Viktor Orbán geht, zeichnet sich eine sehr hohe Wahlbeteiligung ab. Um halb elf Uhr Abends, dreieinhalb Stunden nach der offiziellen Beendigung der Abstimmung, standen immer noch Wahlwillige vor dem Lokal eines Wahllokals in Budapest. Die nationale Wahlkommission teilte mit, es sollten alle Berechtigten, die das wollten, noch abstimmen können. Ehe die letzte Stimme abgegeben sei, dürften keine Hochrechnungen veröffentlicht werden.

          Stephan Löwenstein
          Politischer Korrespondent mit Sitz in Wien.

          In einigen Bezirken wurde die Wahl verlängert. Bis 18.30 Uhr gaben nach offiziellen Angaben etwa 68 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Das waren neun Prozentpunkte mehr als 2014 zur gleichen Zeit. Der Wert lag auch über dem von 2010, als Orbán dank einer hohen Mobilisierung mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament ausgestattet wurde.

          Das Nachrichtenportal „index.hu“ berichtete über „nie dagewesene Schlangen“ vor den Wahllokalen. Politiker der Opposition äußerten sich angesichts des hohen Andrangs zu den Wahllokalen hoffnungsvoll, dass diesmal die parlamentarische Mehrheit von Orbáns national-konservativer Partei Fidesz gebrochen werden könne.

          Wie wählt Ungarn? Einen Überblick gibt es hier.

          Viktor Orbán auf dem Weg zur Stimmabgabe in Budapest
          Viktor Orbán auf dem Weg zur Stimmabgabe in Budapest : Bild: AP

          Die hohe Beteiligung zeuge von ernsthafter Kritik am „Orbán-Regime“, sagte Gerely Karácsony, Vorsitzender der kleinen Oppositionspartei „Dialog“, der in einer Listenverbindung zugleich Spitzenkandidat der sozialistischen MSZP ist. Karácsony rief noch einmal zur Beteiligung an der Abstimmung auf, da eine niedrige Beteiligung nur der Regierungspartei nützen würde. Der Fidesz mache gerade „verzweifelte Versuche“, seine Anhänger noch zu mobilisieren, sagte Karácsony am Sonntagmittag. Karácsony rief Staatspräsident János Áder dazu auf, nicht einmal zu versuchen, Orbán mit der Regierungsbildung zu betrauen, sollte der die Mehrheit verlieren. Denn es sei klar, dass niemand aus der Opposition „mit dieser Bande“ eine Koalition eingehen werde.

          Umfragen von Ende März sehen den Fidesz von Ministerpräsident Orbán klar vorn.

          Allerdings ist die Opposition mit einer Vielzahl von Mitte-Links-Parteien sowie der Jobbik-Partei, die rechtsextreme Wurzeln hat, ihrerseits so zersplittert, dass eine Mehrheitsbildung jenseits des Fidesz kaum möglich erscheint. Karácsony hatte sich daher vor der Wahl für eine kurzfristige Expertenregierung und baldige Neuwahlen ausgesprochen. Freilich dürfte die stärkste Kraft aus den Reihen der bisherigen Opposition eben jene Jobbik-Partei werden, mit welcher ebenfalls niemand zu koalieren möchte.

          Orbán hat seine Anhänger noch einmal mit einem Interview zu mobilisieren versucht, das am Sonntag auf dem Portal „Origo.hu“ publiziert wurde. Man solle eine „große, gemeinsame Entscheidung treffen, um das Land zu schützen und Migranten nicht zu erlauben, in Ungarn einzufallen“. Denn laut Orbán verfolge „Brüssel“ den Plan, 2018 10.000 Migranten in Ungarn anzusiedeln. „Internationale Kräfte“ wie die vom  Milliardär George Soros unterstützten Nichtregierungsorganisationen unternähmen einen außerordentlichen Versuch, sich in die Wahl einzumischen. „Die Soros-Anhänger werden alle wählen; lasst uns auch alle hingehen.“

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