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Menschenrechtslage : UN-Sicherheitsrat ruft Myanmar zur Freilassung von Gefangenen auf

Der Sicherheitsrat tagt im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York am 21. November 2022. Bild: dpa

Zum ersten Mal überhaupt verabschiedet das Gremium eine Resolution gegen das Militärregime in dem südostasiatischen Land. China, Russland und Indien enthalten sich.

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          Der UN-Sicherheitsrat hat in seiner ersten Resolution zu Myanmar überhaupt das Militärregime in dem südostasiatischen Land aufgefordert, die Gewalt in dem Land zu beenden und alle willkürlich inhaftierten Gefangenen freizulassen, darunter auch die Friedensnobelpreisträgerin und ehemalige Staatsrätin Aung San Suu Kyi. Frühere Resolutionen zu Myanmar waren daran gescheitert, dass sich das Gremium nicht auf ei­nen Umgang mit dem Regime, das seit dem Putsch Anfang 2021 die Macht hat, einigen konnte. Doch machten diesmal die ständigen Mitglieder China und Russland von ihrem Vetorecht keinen Ge­brauch. Sie enthielten sich ebenso wie In­dien ihrer Stimme. Die zwölf weiteren Mitglieder stimmten für die Resolution.

          Till Fähnders
          Politischer Korrespondent für Südostasien.

          Den Entwurf für die Resolution hatte das Vereinigte Königreich eingebracht. „Die Enthaltungen Chinas und Russlands sind ein Signal, dass selbst die wenigen Freunde der Junta das Interesse verloren haben, ihren Kopf hinzuhalten, um ihre Gräuel zu verteidigen“, sagte Louis Charbonneau, der UN-Direktor bei Human Rights Watch (HRW). Die Resolution sei ein Türöffner, um Myanmars brutale Ge­neräle zur Rechenschaft zu ziehen, sagte seine Kollegin Elaine Pearson, die Asiendirektorin bei HRW. Die Verabschiedung der Resolution sei ein bedeutender Schritt im Namen des myanmarischen Volkes. „Die Resolution sollte einen neuen prüfenden Blick auf die täglichen Gräuel der Junta mit sich bringen“, sagte Pearson.

          Resolution ohne konkrete Maßnahmen

          Zwar reagierten die meisten mit der Menschenrechtslage in Myanmar befassten Organisationen positiv auf die Entscheidung. Aber sie bemängeln auch, dass der Sicherheitsrat keine konkreten Maßnahmen beschlossen habe, mit de­nen sich die Forderungen durchsetzen lie­ßen. Dazu gehören etwa ein Waffenembargo, gezielte Sanktionen gegen die Militärführer, die für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich ge­macht werden, und die Einschaltung des internationalen Strafgerichtshofs. Am­nesty International bezeichnete die Resolution als „längst überfällig“. Sie sollte eine Botschaft an das Militär in Myanmar aussenden, sagte Amnesty-Generalsekretärin Agnes Callamard.

          Der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in Myanmar, Thomas Andrews, rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, nicht nur Worte zu verlieren, sondern auch zu handeln. Das Regime werde sich nicht durch Äußerungen „tiefer Besorgnis“ von ihren Attacken auf die 54 Millionen Einwohner Myanmars abhalten lassen. „Der Inhalt der Resolution macht klar, dass die Handlungen, die zur Beendigung dieser Krise notwendig sind, nicht vom Sicherheitsrat kommen werden“, sagte Andrews. Deshalb sollten die Länder, die den Willen dazu haben, sich koordinieren und eigene Maßnahmen ergreifen. Die Resolution dürfe keine Sackgasse werden, auf die weitere Inaktivität folge.

          Das Militär hatte am 1. Februar 2021 die Macht übernommen und die gewählte Regierung von Suu Kyi inhaftiert. Die Massenproteste wurden gewaltsam niedergeschlagen. Einer Gefangenenhilfsorganisation zufolge wurden seither mehr als 16 .500 Menschen festgenommen und mehr als 2600 getötet. In einigen Regionen liefern sich bewaffnete Wi­derstandsgruppen nahezu täglich schwere Gefechte mit dem Militär.

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