https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/ukraine-soll-ausgemusterte-leopard-1-panzer-aus-depots-erhalten-18664070.html

Leopard-Panzer für die Ukraine : Aus den Depots der Rüstungsindustrie

  • -Aktualisiert am

Ein Leopard-1-Kampfpanzer steht auf dem Werksgelände der Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft Bild: dpa

Gemeinsam mit weiteren Ländern will Deutschland ausgemusterte Leopard 1 an die Ukraine liefern. Konkrete Zusagen für die moderneren Leopard 2 kommen dagegen nur langsam.

          3 Min.

          Was Panzerung, Aufklärungsfähigkeit und Feuerkraft betrifft, ist der Leopard 1 kaum noch mit späteren Modellen zu vergleichen. Aber er gilt als nach wie vor duellfähig mit sowjetischen Panzern älterer Bauart wie dem T-64, den Russland ebenfalls in der Ukraine einsetzt. Am Dienstag gab das Verteidigungs­ministerium in Berlin bekannt, eine Liefererlaubnis für 178 Leopard 1 aus Industriebeständen erteilt zu haben.

          Ge­meinsam mit den Niederlanden und Dänemark will Deutschland in Etappen die Panzer, die ab den späten Sechzigerjahren gebaut und schließlich ausgemustert worden waren, an die Ukraine übergeben. Bis zum Sommer sollten 20 bis 25 Panzer geliefert werden, bis Ende des Jahres bis zu 80, kündigte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Dienstagabend während seines Besuchs in Kiew an. Ziel sei, im Laufe des ersten oder zweiten Quartals 2024 auf mehr als 100 zu kommen.

          Un­klar ist noch, wie viele der Panzer als Ersatzteillager ausgeschlachtet werden müssen, um genügend einsatz- und kampffähige Fahrzeuge zusammenzubekommen. Auch über die Finanzierung der gemeinsamen Initiative wurde zunächst nichts bekannt. Sie sieht ne­ben der Lieferung der Panzer auch Pa­kete mit Munition und Ersatzteilen vor sowie die Ausbildung von ukrainischen Panzerbesatzungen – voraussichtlich in Deutschland.

          Belgien will Tanks von Waffenhändler zurückkaufen

          Die niederländische Verteidigungsministerin Kasja Ollongren und Außenminister Wopke Hoekstra erläuterten die Beteiligung ihres Landes in einem Schreiben an das Parlament. „In dieser Phase des Konflikts ist es entscheidend, die Durchhaltefähigkeit der Ukraine zu wahren“, hieß es. Dabei komme der Lieferung von Kampfpanzern große Be­deutung zu. Man werde Leopard-1A5-Panzer direkt von der deutschen Indus­trie kaufen, um sie dann in die Ukraine zu liefern. Über Zahl und Kosten machten sie keine Angaben.

          Die dänische Regierung will Presseberichten zufolge 99 Leopard 1 von ei­nem in Flensburg ansässigen Unternehmen zurückkaufen, das diese 2010 von Dänemark erworben hatte. Nach Auskunft des Unternehmens können die ersten Panzer in rund drei Monaten fertig sein. In der Mitteilung der drei Länder hieß es zudem, dass auch Belgien bereit sei, sich an einer Koalition zu beteiligen.

          Das Land hatte seine letzten 50 Panzer dieses Typs 2014 an den Waffenhändler Freddy Versluys verkauft – für einen Stückpreis von 16.000 Euro. Die belgische Regierung verhandelt nun mit ihm über einen Rückkauf, allerdings fordert Versluys einen Stückpreis von 540.000 Euro. Verteidigungsministerin Ludivine Dedonder beklagte sich öf­fentlich über die hohe Gewinnmarge. Offenbar steht hier aber eine Einigung bevor.

          Leopard-2-Ausbildung dauert mehrere Wochen

          Am Mittwochabend rief Verteidigungsminister Pistorius während seines Besuchs in Warschau zudem weitere eu­ropäische Partner dazu auf, sich Deutschland und Polen bei der Lieferung von Leopard-2-Panzern anzuschließen. Dazu werde er gemeinsam mit seinem polnischen Amtskollegen Mariusz Blaszczak und dem ukrainischen Verteidigungsminister Olexij Resnikow in der kommenden Woche zu einem Treffen einladen, sagte er. Bei einigen westlichen Verbündeten gebe es „noch Luft nach oben“. Deutschland und Polen wollen der Ukraine je 14 Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 überlassen.

          Die moderneren Varianten sind wesentlich besser mit aktivem und passivem Schutz gegen Minen und Panzerabwehrwaffen ausgestattet, außerdem verfügen sie über Nachtkampf­fähigkeiten und weitreichende technische Aufklärungsmöglichkeiten. Die Aus­bildung ukrainischer Soldaten an Leopard 2 hat nach Angaben der Regierung in Polen bereits begonnen; sie werde „nicht Monate, sondern Wo­chen“ dauern, hieß es.

          In den Niederlanden hatte Ministerpräsident Mark Rutte angeboten, 18 von Deutschland geleaste Leopard-2A6 zurückzukaufen und Kiew zu spenden. Darüber wurde nach Angaben der Regierung in Den Haag aber noch nicht entschieden. Das Thema soll beim nächsten Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe am Dienstag kommender Wo­che in Brüssel erörtert werden.

          Spanien und Portugal haben zugesagt, Leopard-2-Panzer zu liefern, auf genaue Zahlen haben sich beide Regierungen zumindest öffentlich noch nicht festgelegt. In Madrid ist in Presseberichten von vier bis sechs Kampfpanzern des Modells 2A4 die Rede. Der portugiesische Mi­nisterpräsident António Costa kündigte an, „bis Ende März“ mehrere Panzer des Typs 2A6 zu liefern. In unbestätigten Medienberichten wurde die Zahl vier genannt.

          Die Tschechische Republik und die Slowakei hatten 2022 einem Ringtausch zugestimmt. Sie lieferten T-72-Panzer und Schützenpanzer sowjetischer Bauart an die Ukraine. Dafür sagte Deutschland zu, jeweils 15 Leopard 2A4 kostenlos an beide Länder abzugeben. Es handelt sich um Exemplare aus Be­ständen der Rüstungsindustrie, die noch aufbereitet werden müssen. Im Dezember wurde jeweils das erste Exemplar übergeben, die übrigen sollen bis Ende dieses Jahres folgen. Diese Panzer stehen damit nicht für Lieferungen an die Ukraine zur Verfügung. Spekulationen, Tschechen und Slowaken könnten vorerst auf die zugesagten Leoparden verzichten, wurden nicht bestätigt. Der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala widersprach dem sogar ausdrücklich.

          Weitere Themen

          Topmeldungen

          Hinter der Industriellenfamile Reimann stecken viele bekannte Marken. Und doch ist der Wert des Firmenkonglomerats 2022 erheblich gesunken.

          Deutscher Milliardärsclan : Das Reimann-Imperium bröckelt

          JAB, die Holding einer der reichsten Familien des Landes, machte 2022 fast 4,5 Milliarden Euro Verlust. Das Management wendet sich nun an die Investoren und verspricht Besserung.
          Bluthochdruck ist nicht immer spürbar. Regelmäßiges Messen - beim Arzt oder zuhause - gibt Sicherheit darüber, wie es um den Blutdruck steht.

          Conn-Syndrom : Die unerkannte Ursache für Bluthochdruck

          Jeder dritte Deutsche leidet an Bluthochdruck. Auslöser muss nicht zwingend eine ungesunde Lebensweise sein. Häufig liegt eine hormonelle Störung vor, ohne dass die Betroffenen es wissen.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.