Rückeroberung von Cherson : Im Zeichen der Wassermelone
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Menschen in Kiew feiern die Rückeroberung Chersons Bild: dpa
Cherson ist so gut wie befreit, ukrainische Streitkräfte rücken immer weiter auf die Gebietshauptstadt vor – und mit ihnen ein spezielles Siegessymbol. Moskau lässt derweil die geräumten Gebiete beschießen.
Nach dem russischen Abzug rücken die Ukrainer weiter auf die Gebietshauptstadt Cherson im Süden des Landes vor – und mit ihnen ein spezielles Siegessymbol: die Wassermelone. In sozialen Netzwerken kursierten am Wochenende Videos, die etwa einen ukrainischen Soldaten zeigen, der eine Melone in der Hand hält und von einer Menschenmenge bejubelt wird. Vielfach geteilt wurde auch ein Foto, das eine ukrainische Flagge auf einer gigantischen Melonen-Statue zeigt.
Hintergrund ist folgender: Die Region Cherson mit ihren warmen Sommern ist bekannt für besonders köstliche Wassermelonen. Dass diese in der vergangenen Saison in die Hände der russischen Besatzer fiel, schmerzte die Ukrainer auch finanziell, denn die Früchte sind ein wichtiges Handelsprodukt.
Unter dem Druck der ukrainischen Gegenoffensiven hatte Russland vergangenen Mittwoch den Abzug seiner Truppen aus dem nordwestlich des Flusses Dnipro gelegenen Teil Chersons angekündigt. Dort liegt auch die gleichnamige Gebietshauptstadt Cherson. Erstmals seit Kriegsbeginn hat Russland damit einen größeren Teil eines Gebiets wieder verloren, das es völkerrechtswidrig annektiert hatte und vor diesem Hintergrund als eigenes Staatsgebiet bezeichnet.
Zwar hat Russland noch immer die Kontrolle über einen Großteil Chersons, der auf der anderen Flussseite liegt. Doch der Sieg über die gleichnamige Gebietshauptstadt steht für die Ukrainer symbolisch für die Rückeroberung der gesamten Region – und damit auch der Melonen-Felder. Selbst ranghohe Politiker wie der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros in Kiew, Andrij Jermak, versehen ihre Mitteilungen über Cherson in diesen Tagen mit Melonen-Emojis.
Der amerikanische Außenminister Antony Blinken nannte die Erfolge um Cherson am Samstag ein weiteres Zeugnis für den bemerkenswerten Mut der Streitkräfte und der Volkes der Ukraine wie auch für die starke Unterstützung durch die USA und die Welt. Die sicherheitstechnische, humanitäre und wirtschaftliche Hilfe werde „solange wie nötig“ fortgesetzt, versprach Blinken bei einem Treffen mit seinem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba am Rande des Asean-Gipfels in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh.
Blinken übte scharfe Kritik an Russland, dass die Ukraine weiter „brutal behandelt“ – besonders mit seiner gezielten Kampagne, um die Energieinfrastruktur zu zerstören: „Alles, was notwendig ist, um Licht zu haben, Menschen im Winter warmzuhalten.“ Die Angriffe hätten schreckliche Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung überall in der Ukraine. Die USA seien entschlossen, der Ukraine zu helfen, die kritische Infrastruktur zu verteidigen und zu ersetzen und zu reparieren, sagte Blinken.
Selenskyj: „Heute ist ein historischer Tag“
Zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von einem weiteren Vorrücken der eigenen Truppen auf die Gebietshauptstadt Cherson berichtet. „Heute ist ein historischer Tag“, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache am Freitagabend. Noch sei die Stadt Cherson nicht komplett von der „Präsenz des Feindes“ befreit, ukrainische Spezialeinheiten seien aber bereits vor Ort. Die Bewohner entfernten zudem selbständig russische Symbole von Straßen und Gebäuden. Selenskyj veröffentlichte auch ein Video, das Autokorsos und Jubelchöre für die anrückenden ukrainischen Soldaten zeigen soll. „Die Menschen in Cherson haben gewartet. Sie haben die Ukraine nie aufgegeben“, sagte der Staatschef.