Lage in der Ukraine : Selenskyj verspricht sich viel von westlichen Kampfpanzern
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Bei einer NATO-Übung in Lettland 2021 feuern amerikanische Abrams-Panzer. Bild: Reuters/Ints Kalnins
Für die Ukraine sollen bald amerikanische Abrams- und deutsche Leopard-Kampfpanzer ins Gefecht rollen. Der Präsident lenkt den Blick bereits auf Raketen, Flugzeuge und mehr Artillerie.
Die Ukraine hat die angekündigten Lieferungen schwerer Kampfpanzer westlicher Bauart im Kampf gegen die russischen Invasoren begrüßt und zugleich weitere Waffensysteme gefordert. Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte am Mittwochabend in seiner täglichen Videoansprache sowohl Kanzler Olaf Scholz als auch US-Präsident Joe Biden für deren Entscheidung. „Ich danke allen unseren Verbündeten für ihre Bereitschaft, uns moderne und dringend benötigte Panzer zur Verfügung zu stellen.“ Er fügte hinzu, nunmehr brauche sein Land vor allem Langstreckenraketen, Kampfflugzeuge und mehr Artillerie.
Die Bundesregierung hatte der Ukraine am Mittwoch 14 Leopard-2-Panzer aus Bundeswehrbeständen zugesagt. Auch andere Länder wie die USA wollen nun Kampfpanzer an Kiew liefern.
„Eine Faust der Freiheit“
Nunmehr müsse „eine Faust der Panzer“ gebildet werden, sagte Selenskyj. „Eine Faust der Freiheit, die nicht zulässt, dass die Tyrannei wieder aufersteht.“ Der Schlüssel dazu aber liege nunmehr in der Geschwindigkeit der Ausbildung der ukrainischen Panzerbesatzungen und der Lieferung von Panzern in die Ukraine. Auch die Menge Panzer sei entscheidend.
Allerdings seien auch Fortschritte in anderen militärischen Fragen nötig. Vor allem brauche sein Land nunmehr Langstreckenraketen, Kampfflugzeuge und mehr Artillerie. „Das ist ein Traum, das ist eine Aufgabe“, betonte Selenskyj. „Eine wichtige Aufgabe für uns alle“, gab er die Marschrichtung für künftige Verhandlungen über weitere Unterstützung für die Ukraine vor. „Der terroristische Staat (Russland) muss verlieren.“
In weiten Teilen der Ukraine wurde am Mittwochabend abermals Luftalarm ausgelöst. In Saporischschja und Dnipropetrowsk waren nach Medienberichten Explosionen zu hören – möglicherweise durch den Einsatz der Flugabwehr. Der regionale Militärverwaltungschef Vitali Kim schrieb auf Telegram, es gebe neue Wellen russischer Kampfdrohnen aus iranischer Produktion. „Die kleinen Ganoven konnten zum Geburtstag des besten Präsidenten (Selenskyj) einfach nicht anders“, schrieb er. Selenskyj hatte am Mittwoch seinen 45. Geburtstag gefeiert.
Scholz: Deutschland keine Kriegspartei
Deutschland ist nach Überzeugung von Bundeskanzler Scholz auch mit der Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine nicht zur Kriegspartei geworden. „Nein, auf keinen Fall“, entgegnete der SPD-Politiker am Mittwochabend in der ZDF-Sendung „Was nun, Herr Scholz“ auf eine entsprechende Frage. Die Lieferungen bezeichnete Scholz als klares Zeichen der Solidarität mit der Ukraine und auch als klare Botschaft an den russischen Präsidenten Wladimir Putin, dass sein „imperialistischer Krieg“ keinen Erfolg haben werde. Zugleich müsse man immer darauf achten, nicht zur Kriegspartei zu werden. „Es darf keinen Krieg zwischen Russland und der NATO geben“, betonte Scholz. Dafür werde er alles tun.
Der Rüstungskonzern Rheinmetall steht bereit, große Mengen an Munition für die Leopard-Panzer zu liefern. „Rheinmetall ist vorbereitet und hat seine Kapazitäten im Munitionsbereich – und insbesondere im Bereich Großkaliber – vorsorglich deutlich erhöht“, erklärt das Düsseldorfer Unternehmen der Zeitung „Rheinischen Post“. „Dafür haben wir massiv investiert und tun dies auch weiterhin, indem wir neue Fertigungsanlagen entstehen lassen und zusätzliches Personal aufbauen. Wir tun alles dafür, die Ukraine sowie NATO und Bundesregierung zu unterstützen, auch mit der benötigten Munition.“ Mit den erhöhten Kapazitäten sei der Konzern in der Lage, auch einen absehbar steigenden Bedarf der Bundeswehr und der Streitkräfte anderer Leopard-Nutzerstaaten zu decken.
USA: „Diese Panzer sollen der Ukraine helfen“
Die US-Regierung rechtfertigte ihren Sinneswandel bei der Lieferung von Kampfpanzern in die Ukraine. „Wir haben Panzer nie ausgeschlossen“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Mittwoch. Die Bedingungen auf dem Schlachtfeld in der Ukraine hätten sich geändert. „Diese Panzer sollen der Ukraine helfen, in offenem Gelände wirksam zu kämpfen, um ihre Souveränität und ihr Territorium zu verteidigen und Gebiete zurückzuerobern, die von den Russen eingenommen wurden.“ Die US-Regierung will der Ukraine zunächst 31 Abrams-Kampfpanzer liefern.
Die USA gelten als wichtigster Verbündeter der Ukraine im Abwehrkampf gegen die russische Invasion und liefern zum Beispiel auch Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars. Das jüngste Paket hätte einen Wert von 400 Millionen US-Dollar (knapp 368 Millionen Euro), teilte das Pentagon mit. Demnach haben die USA der Ukraine seit Beginn des Krieges Militärunterstützung von insgesamt mehr als 27,1 Milliarden US-Dollar (knapp 25 Milliarden Euro) zugesagt.
Die US-Regierung hat nach eigenen Angaben keine Anhaltspunkte für einen bevorstehenden russischen Angriff auf das Gebiet des Verteidigungsbündnisses NATO. „Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir absolut keinen Hinweis darauf gesehen haben, dass Herr Putin Absichten hat, NATO-Territorium anzugreifen“, sagte Kirby auf die Frage eines Journalisten, wie Putin auf die zugesagten Panzerlieferungen reagieren könnte – auch mit Blick auf Nato-Staaten wie Polen.
EU-Ratspräsident Charles Michel begrüßte die geplante Lieferung deutscher Leopard-2-Panzer. „Ich danke der Bundesregierung, dass sie Klarheit geschaffen und diese Entscheidung getroffen hat“, sagte Michel in einem Gespräch mit Journalisten in Argentinien, aus dem örtliche Medien am Mittwoch zitierten. „Ich denke, dass wir die Ukraine unterstützen müssen, denn die Ukrainer kämpfen für ihre Zukunft, aber auch für die demokratischen Werte.“