Lawrow und Blinken in Genf : Letzte Chance für eine Deeskalation im Ukraine-Konflikt?
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Amerikas Außenminister Antony Blinken und Russlands Außenminister Sergej Lawrow beim Ministerrat der OSZE am 2. Dezember 2021 in Stockholm Bild: via REUTERS
Nach einer Reihe internationaler Gespräche zur Ukraine-Krise treffen sich am Freitag Amerikas und Russlands Außenminister in Genf. Washington will die Lage deeskalieren – doch eine Kernforderung der Russen nicht akzeptieren.
Für einen Moment sah es so aus, als könne an diesem Freitag in Genf ein Schritt nach vorn gemacht werden, wenn auch ein kleiner. Hier hatten sich Joe Biden und Wladimir Putin im Juni symbolisch zum ersten Mal die Hände geschüttelt. Hier hatte vor elf Tagen der internationale Gesprächsmarathon zur Ukraine-Krise mit einem Treffen der russischen und amerikanischen Unterhändler begonnen. Und hier wird er vorerst zu Ende gehen – mit einer Zusammenkunft Antony Blinkens und Sergej Lawrows, der Außenminister Amerikas und Russlands, am Dienstag kurzfristig anberaumt während eines gemeinsamen Telefonats. Ein Hoffnungsschimmer in den Gesprächen, über die Moskau schon gesagt hatte, sie seien in einer Sackgasse gelandet?
Im State Department gab man sich vor dem Gespräch verhalten zuversichtlich: Dass dieses Treffen zustande komme, lasse doch darauf schließen, dass die „Diplomatie nicht tot ist“. Doch wenige Stunden bevor Lawrow aus Moskau am Flughafen Genf landete, dämpfte Blinken in Berlin Hoffnungen auf konkrete Erfolge. „Das sind schwierige Probleme, mit denen wir konfrontiert sind“, sagte der amerikanische Außenminister in einer Rede bei der Atlantikbrücke in Berlin. „Ich erwarte sicherlich nicht, dass wir sie morgen in Genf lösen werden.“ Doch noch setzt Washington auf den Dialog mit Russland. „Wir können unser gegenseitiges Verständnis fördern“, sagte Blinken weiter. Das und eine russische Deeskalation an der Grenze zur Ukraine – „damit können wir in den kommenden Wochen die Krise abwenden.“
Ein Durchbruch – bislang Fehlanzeige
Das ranghohe Treffen in Genf könnte ein letzter Versuch für eine diplomatische Lösung, die letzte Chance für eine Deeskalation durch Russland sein. Am Mittag wollen die beiden Außenminister getrennt vor die Presse treten. Die jeweiligen Standpunkte jedenfalls dürften in den vergangenen zwei Wochen unmissverständlich klar geworden sein. Seit dem Startschuss in Genf am 10. Januar ist über die russische Provokation durch die Stationierung von 100.000 Soldaten nahe der ukrainischen Grenze bei vier Gelegenheiten international diskutiert worden: Im NATO-Russland-Rat und dem Ständigen Rat der OSZE in der vergangenen und bei Blinkens Besuch in Kiew und Berlin in dieser Woche. Genf ist nun das sechste Treffen zu diesem Thema innerhalb von elf Tagen. Eine Durchbruch – bislang Fehlanzeige.
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JETZT F+ LESENIm Gegenteil, Washington spricht von einer „extrem gefährlichen“ Situation. Man befinde sich in einer Phase, in der Russland jederzeit einen Angriff auf die Ukraine starten könnte. Auch Blinken hob am Donnerstag in Berlin hervor: „Es ist ein reales Risiko, und es ist ein hohes Risiko.“ Jeder Einmarsch werde schwere Konsequenzen nach sich ziehen. Am Donnerstag verhängten die Vereinigten Staaten Sanktionen gegen vier Ukrainer mit mutmaßlichen Verbindungen zum russischen Geheimdienst FSB. Sie sollen im Auftrag der russischen Regierung „Aktivitäten zur Destabilisierung der Ukraine“ verübt haben.