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Die Nacht in der Ukraine : Atomenergiebehörde besorgt nach AKW-Beschuss

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Der Chef der Internationalen Atomenergie-Agentur, Rafael Grossi, spricht auf einer Pressekonferenz in Wien nach der Rückkehr vom ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja. Bild: dpa

Der Beschuss des von russischen Truppen besetzten Atomkraftwerks Saporischschja in der Ukraine dauert an. Experten sind nach einem Besuch dort besorgt. Präsident Selenskyj will schärfere Sanktionen. Der Überblick.

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          Angesichts des andauernden Beschusses des von russischen Truppen besetzten Atomkraftwerks Saporischschja bangen internationale Experten nach einem Besuch um die Sicherheit dort. Seine größte Sorge bleibe, dass das AKW durch weiteren Beschuss schwer beschädigt werden könnte, sagte der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) Rafael Grossi in Wien. Zwar seien Schäden offenkundig und inakzeptabel, aber wichtige Sicherheitselemente wie die Stromversorgung des Kraftwerks funktionierten.

          Auch die Zusammenarbeit zwischen den russischen Besatzern und dem ukrainischen Personal klappe auf professioneller Ebene einigermaßen, sagte Grossi am Freitagabend nach seiner Rückkehr aus der Ukraine am Flughafen Wien. Er erwarte eine genaue Analyse der Sicherheit des Kraftwerks durch seine vor Ort verbliebenen Experten im Laufe der nächsten Woche. Noch seien sechs IAEA-Experten beim Atomkraftwerk. Vier würden zurückkehren, zwei bis auf Weiteres vor Ort bleiben.

          Er habe nicht den Eindruck, dass die russischen Besatzer etwas verborgen haben. „Wir haben alles gesehen, was ich sehen wollte“, sagte Grossi. Ein entscheidender Unterschied zu vorher sei auch, dass er nun aus eigenen Quellen erfahre, was vor Ort passiere.

          Der IAEA-Chef betonte abermals, dass er die Mission seiner Behörde als permanent ansehe. „Die IAEA ist da, um so lange wie nötig zu bleiben.“ Dazu gebe es aktuell die Zustimmung der Ukraine und Russlands. Dass sich die Dinge ändern könnten, sei ihm klar. Am meisten sorge ihn derzeit, dass das Kriegsgeschehen rund um das Kraftwerk an Intensität zunehme, sagte Grossi.

          Die IAEA-Experten sind seit Donnerstag in der Kraftwerksstadt Enerhodar. Das AKW Saporischschja kam Anfang März kurz nach dem russischen Einmarsch unter die Kontrolle Moskaus. Wiederholter Beschuss des Kraftwerksgeländes und der benachbarten Stadt haben international Ängste vor einer möglichen Atomkatastrophe erhöht. Russland und die Ukraine werfen sich immer wieder gegenseitig Artilleriebeschuss vor. Das AKW ist mit seinen sechs Blöcken und einer Nettoleistung von 5700 Megawatt das größte Atomkraftwerk Europas. Vor Kriegsbeginn arbeiteten dort mehr als 10.000 Menschen.

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          Die Ukraine hat nach eigenen Angaben unweit des Atomkraftwerks Saporischschja russische Artilleriepositionen beschossen. „Bestätigt ist, dass unsere Truppen im Bereich der Ortschaften Cherson und Enerhodar drei Artilleriesysteme des Gegners mit präzisen Schlägen vernichtet haben“, hieß es im Bericht des ukrainischen Generalstabs am Freitagabend bei Facebook. Ebenfalls seien ein Munitionslager und mindestens eine Kompanie der russischen Armee vernichtet worden.

          Die russischen Besatzer haben demnach vor dem Eintreffen der Expertengruppe der IAEA alle Militärtechnik von dem AKW-Gelände entfernt und in benachbarte Orte verlegt. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Russland hatte stets behauptet, auf dem Kraftwerksgelände keine schweren Waffen stationiert zu haben.

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          Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte Russland angesichts der Lage um das AKW immer wieder atomaren Terrorismus vorgeworfen. Russland hingegen lehnt Forderungen nach einer Rückgabe des Kraftwerks in die Kontrolle der Ukraine ab, weil Moskau meint, Kiew könne im Krieg nicht die Sicherheit der Anlagen garantieren.

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