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Türkei und Syrien : Wie die EU den Erdbebenopfern hilft

Frank-Walter Steinmeier am 7. Februar in Genf Bild: dpa

Deutschland bringt gemeinsam mit seinen Partnern umfassende Hilfen auf den Weg. Weil Syrien keine offizielle Anfrage in Brüssel eingereicht hat, kann die EU dort aber nur eingeschränkt unterstützen.

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          Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den Opfern des Erdbebens in der Türkei und Syrien seine Anteilnahme bekundet. Bei einem Besuch des Roten Kreuzes am Dienstag in Genf äußerte er, das berühre ihn sehr. „Ihr seid nicht allein“, sagte er an die Menschen im Unglücksgebiet gerichtet. „In dieser schweren Stunde sind wir bei euch, wir warten und bangen und vor allem hoffen gemeinsam mit euch.“ In Berlin bezeichnete Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) die Bilder aus der Erdbebenregion als erschütternd. „Menschen, die mit bloßen Händen in den Trümmern nach ihren Lieben suchen“, sagte sie. „Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen und allen, die noch immer um Familie, Nachbarn und Freunde bangen.“

          Thomas Gutschker
          Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.
          Matthias Wyssuwa
          Politischer Korrespondent in Berlin.
          Julian Staib
          Politischer Korrespondent für Norddeutschland und Skandinavien mit Sitz in Hamburg.

          Baerbock hob auch hervor, dass Deutschland gemeinsam mit seinen Partnern und der EU Hilfe auf den Weg gebracht habe. Auch in Syrien, „wo die Menschen unter dem Assad-Regime auf keine Hilfe hoffen können“, unterstütze man über die humanitären Partner, so gut es gehe, äußerte Baerbock. Als Beispiel führte sie an, dass die Malteser International, die vor Ort seien, eine Millionen Euro erhielten. Man werde auch weitere Gelder freigeben, sagte die Außenministerin.

          Auch dränge man auf einen humanitären Zugang nach Syrien. Derzeit gebe es nur einen offenen Grenzübergang, der bei dem Erdbeben aber beschädigt worden sei, sagte sie. „Deswegen ist die Öffnung der Grenzübergänge so zentral.“ Es sei „das absolute Gebot jetzt, dass die humanitäre Hilfe dort ankommt, wo sie gebraucht wird“.

          „Wir benötigen eine offizielle Anfrage“

          Das Auswärtige Amt teilte mit, dass ein Rettungsteam der Hilfsorganisation ISAR am Dienstag in der Türkei gelandet und ein Team des Technischen Hilfswerks auf dem Weg sei. Auch die Bundespolizei helfe mit Rettungssanitätern, Ärzten und einer Hundestaffel. Die Europäische Union hat mehr als 1200 Rettungskräfte und 80 Suchhunde in die Türkei entsandt, um dort Menschen aus den Trümmern zu retten. Wie die EU-Kommission weiter mitteilte, waren elf der insgesamt 30 Rettungsteams aus 21 Mitgliedstaaten am Dienstagmittag schon im Einsatzgebiet eingetroffen. Außerdem wurde ein Expertenteam entsandt, um die türkischen Behörden zu unterstützen. Koordiniert wird diese Hilfe über den sogenannten Zivilschutzmechanismus der EU, eine Plattform, über die Anfragen an die Staaten gestellt werden. Die EU-Kommission übernimmt dann 75 Prozent der Transportkosten.

          Während die Türkei diesen eingespielten Mechanismus schon am Montagnachmittag aktivierte, ging von syrischer Seite keine Anfrage in Brüssel ein. Deshalb konnte die EU hier einstweilen nur über humanitäre Partnerorganisationen Unterstützung leisten, die ihrerseits bei der Bergung verschütteter Menschen helfen. „Wir benötigen eine offizielle Anfrage“, sagte ein Sprecher der EU-Kommission mit Blick auf Syrien. „Ohne die Genehmigung der Behörden ist es für die Teams nicht möglich, sicher und effizient zu arbeiten.“ Auch die Vereinten Nationen könnten eine solche Anfrage stellen, dies sei bisher aber nicht geschehen. Man prüfe nun, ob die humanitäre Hilfe für andere Organisationen in Syrien erhöht werden könne. Im vergangenen Jahr habe man dafür 150 Millionen Euro aufgewendet.

          Auch Schweden, das zuletzt von der türkischen Regierung scharf kritisiert worden war, hilft in der Not. Am Dienstag beschloss die Regierung ein zweites Hilfspaket in Höhe von 30 Millionen Kronen (rund 3,2 Millionen Euro), am Tag zuvor hatte sie bereits sieben Millionen Kronen  an die Türkei und an Syrien gegeben. Zudem stellt das Land Zelte,  Generatoren und Nahrungsmittel. Man sei bereit, auch kurzfristig weitere Unterstützung zu leisten, sagte der schwedische Minister für Internationale Entwicklung und Außenhandel, Johan Forssell. Er sei in Gedanken bei den Opfern und ihren Angehörigen, schrieb Ministerpräsident Ulf Kristersson auf Twitter. Er habe dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sein tiefstes Beileid übermittelt. Schweden stehe als „Partner der Türkei“ bereit, Hilfe zu leisten.

          Schwedische Regierungsvertreter brachten die Hilfen nicht in Verbindung mit dem angestrebten NATO-Beitritt ihres Landes. In der schwedischen Presse aber wurde die Hoffnung geäußert, dass die Hilfen zu einer Verbesserung der Beziehung beitragen. Erdogan hatte wiederholt scharfe Kritik an der schwedischen Regierung geübt und gedroht, Schweden könne keine Unterstützung beim angestrebten NATO-Beitritt erwarten.

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