Türkei-Syrien : Brisante Fracht
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Mit der Zwangslandung der syrischen Maschine in Ankara nimmt die Türkei auch eine weitere Verschlechterung des Verhältnisses zu Putins Russland in Kauf. Eine Art Vergeltung Moskaus ist nicht auszuschließen.
Die türkischen Behörden müssen schon über verlässliche Informationen verfügt haben - zumindest müssen sie ihrer Sache sicher gewesen sein -, um ein syrisches Passagierflugzeug, aus Moskau kommend, in Ankara zur Landung zu zwingen. An Bord sollen sich Raketenteile und Kommunikationsausrüstung befunden haben; wäre dem so, handelte es sich um einen eindeutigen Verstoß gegen internationale Luftverkehrsübereinkommen, und Russland wäre bloßgestellt. Aber es ist der aktuelle Kontext, der das Vorgehen so brisant macht, zumal sich russische Staatsbürger an Bord des Flugzeugs befanden.
Der Konflikt wird dadurch weiter verschärft: In der vergangenen Woche verloren fünf türkische Zivilisten beim Einschlag einer syrischen Granate das Leben. Seitdem ist die Lage im Grenzgebiet gespannt; am Mittwoch kündigte die Türkei an, auf syrischen Beschuss mit größerer Wucht zurückzuschlagen; das türkische Militär ist in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden. Aber wer hat eigentlich ein Interesse daran, an der Eskalationsschraube zu drehen und den syrischen Bürgerkrieg zu regionalisieren? Oder zu internationalisieren? Bekanntermaßen ist die Türkei Nato-Mitglied.
Die Annäherung ist gescheitert
Die Türkei nimmt jedenfalls auch die weitere Verschlechterung des Verhältnisses zu Putins Russland in Kauf. Dabei war man schon einmal der Meinung, vieles gemein zu haben. Offen Partei für die Aufständischen gegen das Regime Assad nimmt Ankara sowieso, auf verdeckte Weise lässt es ihnen Unterstützung zukommen. Vielleicht handelt die Regierung Erdogan jetzt mit solcher Vehemenz, vielleicht empört sie sich deshalb so - und ganz zu Recht - über die von dem Regime angerichteten Massaker, weil sie den Diktator Assad einst mit großer Freundlichkeit behandelt hatte.
Diese Annäherung ist gescheitert, wie auch die Milde gegenüber Iran, einem Patron des Regimes in Damaskus, keine Früchte getragen hat. Türkische Versuche, auf Assad einzuwirken, hatten keinen Erfolg. Das dürfte für Erdogan, der sich schon mit Israel überworfen hat, eine bittere Erfahrung gewesen sein. Jedenfalls muss man damit rechnen, dass der syrisch-türkische Konflikt weiter eskaliert. Und dass Russland irgendeine Art von Vergeltung üben wird. Beruhigen dürfte sich die Lage erst nach dem Sturz des Assad-Regimes. Vielleicht.