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Vor Gericht in New York : Was Sie über Trumps Anklage wissen müssen

Ein Anhänger Donald Trumps vor dem Trump-Tower in Manhattan am Montag Bild: AP

Donald Trump wird heute in New York vor Gericht erwartet. Wie die Anklageerhebung ablaufen wird, warum sie historisch ist und was der Fall für Trumps Präsidentschaftskandidatur bedeutet.

          5 Min.

          Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Manhattan hat eine Grand Jury in New York am vergangenen Donnerstag für eine Anklage Donald Trumps gestimmt – die erste eines früheren oder amtierenden amerikanischen Präsidenten. In diesem historischen Fall geht es um die Schweigegeldzahlung für die Pornodarstellerin Stormy Daniels im Jahr der Präsidentenwahl 2016. Wie genau die Anklagepunkte lauten, wird an diesem Dienstag bekannt.

          Was passiert an diesem Dienstag in New York?

          Sofia Dreisbach
          Politische Korrespondentin für Nordamerika mit Sitz in Washington.

          Donald Trump ist am Montag aus Florida nach New York gereist und hat eine Nacht im Trump Tower verbracht. In der Stadt herrscht seit Tagen Ausnahmezustand: 36.000 New Yorker Polizisten sind in Alarmbereitschaft, Beamte des Justizministeriums, des Secret Service und des Gerichts sind für den Auftritt des früheren Präsidenten im Einsatz. Sowohl der Trump Tower als auch das rund sieben Kilometer entfernte Gericht sind mit Absperrgittern gesichert.

          Am Gericht angekommen wird Trump zunächst gemäß der bei einer Anklage üblichen Prozedur seine Fingerabdrücke abgeben und ein Foto machen müssen. Es gilt als wahrscheinlich, dass der Secret Service, sein Personenschutz, ihn über einen Hintereingang in das Gebäude geleitet. Die Anklageverlesung, in der die Anklagepunkte bekannt werden, soll um 20.15 Uhr deutscher Zeit beginnen. Danach werden Trumps Anwälte nach eigener Aussage auf nicht schuldig plädieren und Trump dürfte das Gerichtsgebäude wieder verlassen dürfen. Offen ist, ob Richter Juan Merchan bestimmte Auflagen oder eine Kaution festlegen wird. Am Abend dann hat Trump eine Pressekonferenz in Mar-a-Lago angekündigt.

          Ist Donald Trump wirklich der erste Präsident der Vereinigten Staaten, der angeklagt wird?

          Ja – aber nicht, weil sich kein Präsident vor ihm etwas zuschulden hat kommen lassen. Am bekanntesten dürfte der Fall des Republikaners Richard Nixon sein, der 1974 im Zuge des Watergate-Skandals zurücktrat. Zuvor war bekannt geworden, dass er versucht hatte, den Einbruch in die Zentrale der Demokratischen Partei im Watergate-Komplex 1972 zu vertuschen. Trotz genügend Beweisen kam es auch nach dem Rücktritt Nixons nicht zu einer Anklage. Einen Monat später unterschrieb sein Nachfolger Gerald Ford die ausgehandelte Begnadigung.

          Bill Clinton wiederum vermied rund 25 Jahre später mit einem ungewöhnlichen Deal eine Anklage in der Affäre um seine Praktikantin Monika Lewinsky. 2001 einigte sich der Demokrat mit Sonderermittler Robert Ray nach wochenlangen Verhandlungen darauf, die Falschaussage unter Eid über eine sexuelle Beziehung mit Lewinsky öffentlich zuzugeben – und wurde im Gegenzug nicht angeklagt.

          Was ist das Problem mit der Schweigegeldzahlung an Stormy Daniels?

          Erst mit der Anklageverlesung werden die genauen Anklagepunkte gegen Trump bekannt. Laut dem Sender CNN geht es um mehr als dreißig, wobei nach amerikanischem Recht jede einzelne Urkundenfälschung als eigener Punkt angeführt werden kann. Klar ist aber, dass das Problem in diesem Fall nicht das Schweigegeld in Höhe von 130.000 Dollar ist, das Trump laut seinem früheren Anwalt Michael Cohen 2016 an die Pornodarstellerin Stormy Daniels zahlen ließ. Kurz vor der Präsidentenwahl sollte so vertuscht werden, dass Trump im Jahr 2006 – wenige Monate nach der Geburt seines Sohnes Barron – eine Affäre mit Daniels hatte. Im selben Jahr fädelte Cohen nach eigener Aussage auch 150.000 Dollar Schweigegeld für das frühere Playboy-Model Karen McDougal ein.

          Rechtlich dürften Trump die Rückzahlungen des Daniels-Schweigegelds an Cohen zum Verhängnis geworden sein. Sein Unternehmen hatte diese fälschlicherweise als Rechtskosten deklariert; mehrere der 35.000-Dollar-Schecks wurden außerdem von Trump selbst unterschrieben. Möglich ist deshalb, dass Trump wegen der Fälschung von Geschäftsunterlagen angeklagt wird. Das allein ist nach New Yorker Recht nur ein Vergehen. Der Vorwurf wird von der Bezirksstaatsanwaltschaft regelmäßig in Fällen von Wirtschaftskriminalität erhoben.

          Bei Trump ginge es jedoch um eine Erweiterung der Vorwürfe, die den Vorfall zu einem Verbrechen hochstuft und eine Freiheitsstrafe von bis zu vier Jahren vorsieht. Dafür müsste dem früheren Präsidenten nachgewiesen werden, dass die Geschäftsunterlagen mit der Absicht gefälscht wurden, ein anderes Verbrechen zu begehen oder zu verschleiern – in diesem Fall der Verstoß gegen das Bundesgesetz für Wahlkampffinanzierung. Das wiederum setzt die Annahme voraus, dass die Zahlung an Daniels damals geleistet wurde, um die Präsidentenwahl zu beeinflussen. Im Fall der Verurteilung Cohens 2018 war das Gericht zu diesem Schluss gekommen. Es gilt jedoch als riskant, eine so noch nicht praktizierte Rechtsauffassung auf den ersten Fall einer Anklage eines vormaligen amerikanischen Präsidenten anzuwenden.

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