Versprechungen in Sudan : Will der Militärführer einen Dialog?
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Armeeführer Abd al-Fattah al-Burhan ruft die oppositionellen Gruppen in Sudan zu einem „unverzüglichen und ernsthaften Dialog“ auf. Bild: AFP
Der sudanesische Militärherrscher al-Burhan stellt neun Monate nach dem Putsch einen Übergang zur Demokratie in Aussicht. Doch möglicherweise will er mit seinen Aussagen nur die Opposition spalten.
Auf den ersten Blick sieht es wie ein Etappensieg für diejenigen Kräfte aus, die ein Ende der Militärherrschaft in Sudan fordern. Abd al-Fattah al-Burhan, der Armeeführer und De-facto-Staatschef, hat im Staatsfernsehen überraschend verkündet, dass das Militär sich aus einem politischen Dialog zurückziehen werde, damit zivile Gruppen ihren Boykott des Formats beenden. Er rief die oppositionellen Gruppen dazu auf, einen „unverzüglichen und ernsthaften Dialog“ zu beginnen, damit der Übergang zur Demokratie in Sudan eingeleitet werden könne. Das Militär werde einem solchen „nicht im Weg stehen“, sagte al-Burhan in der Ansprache am Montagabend.
Schon kurz nach seiner Rede gab es in der sudanesischen Hauptstadt Khartum jedoch neue Proteste, wie praktisch jede Woche, seitdem das Militär im Oktober vergangenen Jahres die Macht an sich gerissen hat. Der Nachrichtensender Al Jazeera zitierte einen der Demonstranten mit den Worten, sie hätten kein Vertrauen in al-Burhan. „Wir wollen nur, dass er geht, und zwar endgültig.“
Fast neun Monate ist es nun her, dass das Militär am 25. Oktober des vergangenen Jahres das Experiment einer gemeinsamen zivil-militärischen Übergangsregierung gewaltsam beendete. Diese war eingerichtet worden, nachdem Massenproteste im Frühjahr 2019 den langjährigen Diktator Omar al-Baschir aus dem Amt getrieben hatten. Allerdings waren die Beziehungen zwischen den zivilen Gruppen und der Armee, die ein Standbein der Herrschaft al-Baschirs gebildet hatte, stets schwierig gewesen.
Komitees lehnen Verhandlungen mit Militär ab
Schon unmittelbar nach dem Putsch im Oktober hatte Armeechef al-Burhan versprochen, er werde wieder eine zivile Übergangsregierung einsetzen und die Armee halte am Ziel freier Wahlen fest. Seither gehen immer wieder zahlreiche Sudanesen auf die Straße, um gegen die Militärherrschaft zu protestieren. Die Sicherheitskräfte schlagen die Proteste regelmäßig mit Gewalt nieder; seit Ende Oktober sind laut den Angaben einer oppositionsnahen Ärztevereinigung 113 Menschen getötet worden. Am vergangenen Donnerstag gab es die schwerste Eskalation seit Monaten: Bei einer Großdemonstration kamen in Khartum und Umgebung neun Menschen ums Leben, etwa 630 wurden verletzt. Auch seither haben sich aber wieder Tausende versammelt und Sitzblockaden abgehalten.
Der Protest wird vor allem von lokalen „Widerstandskomitees“ getragen. Sie lehnen Verhandlungen mit dem Militär ab und fordern, dass die Generäle zuerst die Macht abgeben. Die Militärführung beharrt indessen darauf, dass sie die Macht nur an einen „gewählten Ministerpräsidenten“ abgeben werde. Auch jetzt sicherte al-Burhan wieder zu, dass der von ihm geführte „Übergangssouveränitätsrat“ aufgelöst werde, sobald eine neue Regierung gebildet sei. Offiziell hat die Armee sich bereit erklärt, an einer Dialoginitiative teilzunehmen, die auf drei Organisationen zurückgeht: die Vereinten Nationen, die Afrikanische Union und die ostafrikanische Staatengemeinschaft IGAD (Intergovernmental Authority in Development).
Während die „Widerstandskomitees“ diesen Dialog ablehnen, gab es Anfang Juni ein erstes Treffen zwischen Vertretern des Militärs und der Forces for the Declaration of Freedom and Change (FFC). Dieser Zusammenschluss zivilgesellschaftlicher Gruppen hatte beim Sturz al-Baschirs eine wichtige Rolle gespielt. Der UN-Sonderbeauftragte Volker Perthes sagte vergangene Woche, die FFC und dem Militär seien einer Vereinbarung nähergekommen. Nach der Gewalteskalation am vergangenen Donnerstag scheint dies jedoch hinfällig zu sein. FFC-Führer wiesen Perthes’ Aussagen zurück; es gebe keinen Dialog mit dem Militär.
Al-Burhans Äußerungen dienen möglicherweise vor allem dem Ziel, die Opposition weiter zu spalten. Dass das Militär nicht ernsthaft gewillt ist, die Macht abzugeben, lässt sich aus einer weiteren Ankündigung schließen: Al-Burhan sagte, dass im Rahmen des Übergangs zur Demokratie ein neuer „Oberster Rat der Streitkräfte“ geschaffen werde. Er solle für Sicherheits- und Verteidigungsangelegenheiten zuständig sein, aber auch für „verwandte Aufgaben“, in Abstimmung mit der künftigen Regierung.